Eine Frage der Demokratie
Von G. John, Vereinsmitglied
Demokratie kann auch unbequem sein – so wie grad jetzt.
Mit fast 30% wurde bei den Nationalratswahlen die ausländerfeindliche, national-radikal-gerichtete FPÖ deutlich stärkste Partei. Es erinnert an die Wahlergebnisse der NSDAP in Deutschland von 1932, nach der, nachdem keine regierungsfähige Koalition zustande kam, 1933 Neuwahlen stattfanden, bei der die NSDAP die absolute Mehrheit erreichte. Ähnliches wäre aktuell auch in Österreich möglich.
Der Bundespräsident ist nicht verpflichtet, die stärkste Partei mit einer Regierungsbildung zu beauftragen, doch erfolgt dies traditionsgemäß so.
Verweigert der Bundespräsident die Beauftragung der stärksten Partei, so widerspricht dies einem demokratischen Verständnis.
Demos kratos – die Herrschaft des Volkes – bedingt, dass die Mehrheit des (gewählten) Volkswillens regiert. Diese liegt klar bei der FPÖ.
Wer sagt, 30% dafür bedeutet aber auch, dass 70 % dagegen sind, haben insofern zwar Recht, doch gilt diese Umkehrrechnung natürlich auch für alle anderen Parteien – und dann sieht es für diese sehr düster aus, denn deren Ablehnung durch die Wähler ist deutlich höher.
Von dem Zwang einer absoluten Mehrheit kann hier nicht geredet werden. Dieses ist ein politisches Kalkül, um Entscheidungen zu vereinfachen. Es gibt auch die Möglichkeit einer Minderheitsregierung. Diese hat natürlich die Schwierigkeit, für Entscheidungen jedesmal Mehrheiten finden zu müssen.
Wer hat je behauptet, dass regieren leicht sein sollte?
Beauftragt Van der Bellen die FPÖ mit der Regierungsbildung und keine Partei will koalieren, so ist die Ausführung des Auftrags gescheitert. Gibt es eine Dreier- oder Viererkoalition gegen die FPÖ, so widerspricht das dem demokratischen Grundverständnis.
So oder so sitzen wir also im Sinne einer echten Demokratie in der Bredouille.
Das Zitat “My country, right or wrong“, das von radikalen Kräften gerne zitiert wird, ist unvollständig zitiert. Vollständig heißt es:
“My country, right or wrong; if right, to be kept right; and if wrong, to be set right.”
Übersetzt:
“Mein Land, ob in Recht oder Unrecht;
wenn es recht ist, es im Recht zu halten;
und wenn es im Unrecht ist, es in Recht zu setzen.”
Sollte es zu Neuwahlen kommen bleibt die Hoffnung, dass das österreichische Volk bei einer Neuwahl eine Wiederholung eines Ergebnisses wie das der NSDAP 1933 verhindert!