Artikel zum Zitat des Monats April 2024

von G. John, Vereinsmitglied

Was mag Bonhoeffer bewegt haben, als er schrieb,
"Die junge Generation wird immer den sichersten Instinkt dafür haben,
ob nur aus Prinzip oder aus lebendiger Verantwortung heraus gehandelt wird;
denn es geht dabei ja um ihre eigene Zukunft."?

Ist es eine Plattitüde oder tiefere Erkenntnis, Hoffnung an die junge Generation?

Allgemein ist das Gegenteil der Fall. Bereits auf einer Tontafel der Sumerer aus dem 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung wird der „Verfall der Jugend“ reklamiert. Kaum einer der großen Denker hat ein gutes Wort an der Jugend gelassen, von Sokrates bis Tucholski.

Folgende Zitate sind nur ein Ausschnitt von hunderten und veranschaulichen, dass die „Vorgänger“ ewiglich schon die „Nachfolger“ in einer Pauschalität abgewertet haben, wie es auch heute noch der Fall ist.

„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.  (Sokrates, 470-399 v. Chr.)

Plutarch beschwert sich: „[…] auf ihrem Höhepunkt kennt die Jugend nur die Verschwendung, [und] ist leidenschaftlich dem Tanze ergeben […]“

 „Die verschiedenen Altersstufen des Menschen halten einander für verschiedene Rassen: Alte haben gewöhnlich vergessen, daß sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, daß sie alt sind, und Junge begreifen nie, dass sie alt werden können.“ (Kurt Tucholski, Der Mensch - Lerne Lachen ohne zu Weinen, 1931)

 (Zitate aus: https://bildungswissenschaftler.de/5000-jahre-kritik-an-jugendlichen-eine-sichere-konstante-in-der-gesellschaft-und-arbeitswelt/)

…(neidige?) Worte alter Männer…

Nochmals die Frage: Was mag Bonhoeffer, im Gegensatz zu den Gelehrten der Jahrtausende, bei seinen Worten über die Jugend bewegt haben? Er beschwert sich nicht über die Jugend, im Gegenteil. Für mich klingen seine Worte nach Hoffnung und Zuversicht. Vielleicht hat seine Arbeit als Jugendpfarrer und die Bedrohlichkeit der Zeit ihn zu tieferer Erkenntnis kommen lassen.

Natürlich macht die Jugend in ihren Entscheidungen Fehler, doch ohne ein Hinterfragen des Althergebrachten hätten wir uns nie entwickelt, weder technisch, zivilisatorisch, noch humanistisch. „Aus Fehlern lernt man“ – und so, bitte, die Jugend aus den eigenen und den unseren!

Das Bestehen auf Althergebrachtem, dem „Erbe“, ist leider nicht nur die Weitergabe von Erkenntnis, sondern oftmals Hass, Vorurteile, Unterdrückung und Vergehen wider die Schöpfung.

Nehmen wir Bonhoeffers Worte zum Anlass, darüber unsere Jugend vielleicht neu zu sehen.
Was sind unsere Erwartungen, was unsere Hoffnungen und was unser Dazutun?