Papst Franziskus und Dietrich Bonhoeffer - eine Würdigung
Uwe Träger, Obmann
Dietrich Bonhoeffer gilt als ein bedeutender Wegbereiter der Ökumene. In ökumenischer Verbundenheit bedauern wir den Tod des Papstes Franziskus und schätzen ihn als einen aufrichtigen Christen, der – wie Bonhoeffer – in der Nachfolge Jesu Christi stand und bei dem seine Worte und Taten identisch waren.
In seiner Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel vom 24. Jänner 2022 spricht Papst Franziskus vom Geschenk des Hörens und Zuhörens und zitiert in diesem Zusammenhang Dietrich Bonhoeffer: „Aus der Bibel lernen wir, dass das Hören nicht nur die Bedeutung einer akustischen Wahrnehmung hat, sondern wesentlich verbunden ist mit der dialogischen Beziehung zwischen Gott und der Menschheit … Denn die Initiative geht von Gott aus, der zu uns spricht und dem wir antworten, indem wir ihm zuhören … Gott liebt den Menschen: Daher richtet er das Wort an ihn … Der Mensch dagegen neigt dazu, vor der Beziehung zu fliehen, sich abzuwenden, die Ohren zu verschließen, um nicht hören zu müssen … Auch in der Kirche ist es dringend notwendig, zuzuhören und aufeinander zu hören. Es ist das wertvollste und fruchtbarste Geschenk, das wir einander machen können. Wir Christen vergessen, dass der Dienst des Zuhörens uns von dem anvertraut wurde, der der Zuhörende par excellence ist, an dessen Werk teilzunehmen wir berufen sind. „Mit den Ohren Gottes sollen wir hören, damit wir mit dem Worte Gottes reden können.“ So erinnert uns der protestantische Theologe Dietrich Bonhoeffer daran, dass der erste Dienst, den wir den anderen in der Gemeinschaft schulden, darin besteht, ihnen zuzuhören. Wer seinem Bruder nicht zuhören kann, der wird auch bald Gott nicht mehr zuhören können.“
Das fettgedruckte Zitat Bonhoeffers steht in: Dietrich Bonhoeffer: Gemeinsames Leben. Das Gebetbuch der Bibel, Dietrich Bonhoeffer Werke Band 5, S. 84.
Der vollständige Text von Papst Franziskus ist abgedruckt unter dem Link:
https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2022-01/papst-franziskus-botschaft-medien-kommunikation-zuhoeren-corona.html
Dietrich Bonhoeffer schreibt zum Hören und Zuhören – in seinem Text werden Parallelen zu den Aussagen des Papstes deutlich: „Der erste Dienst, der einer dem andern in der Gemeinschaft schuldet, besteht darin, daß er ihn anhört … Es ist Gottes Liebe zu uns, daß er uns nicht nur sein Wort gibt, sondern uns auch sein Ohr leiht … [Menschen] vergessen, daß Zuhören ein größerer Dienst sein kann als Reden … Wer aber seinem Bruder nicht mehr zuhören kann, der wird auch bald Gott nicht mehr zuhören, sondern er wird auch vor Gott immer nur reden … Wer meint, seine Zeit sei zu kostbar, als daß er sie mit Zuhören verbringen dürfte, der wird nie wirklich Zeit haben für Gott und den Bruder, sondern nur immer für sich selbst, für seine eigenen Worte und Pläne … Mit den Ohren Gottes sollen wir hören, damit wir mit dem Worte Gottes reden können.“ (Quelle: Dietrich Bonhoeffer: Gemeinsames Leben. Das Gebetbuch der Bibel, Dietrich-Bonhoeffer-Werke Band 5, Seite 82 - 84.)