Rundbrief 2025-07 Kampf für das Gute und gegen Abgötterei

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HAPAX und ein herzliches Hallo zum Rundbrief Juli 2025!

Über Dietrich Bonhoeffer sind zahlreiche Biographien erschienen, wie zum Beispiel:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe, Christ, Zeitgenosse, München 1967;
Marsh, Charles: Dietrich Bonhoeffer. Der verklärte Fremde. Eine Biografie, Gütersloh 2015;
Metaxas, Eric: Bonhoeffer. Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet, Holzgerlingen 2011;
Schlingensiepen, Ferdinand: Dietrich Bonhoeffer, München 2013;
Tietz, Christiane: Dietrich Bonhoeffer. Theologe im Widerstand, München 2013;
Wind, Renate: Dem Rad in die Speichen fallen. Die Lebensgeschichte des Dietrich Bonhoeffer, Weinheim, Basel 1995;
Zimmermann, Wolf-Dieter: Wir nannten ihn Bruder Bonhoeffer. Einblicke in ein hoffnungsvolles Leben, Berlin 2004.

Es ist eine Herausforderung, Dietrich Bonhoeffers Lebensgeschichte nicht mit einem tabellarischen Lebenslauf oder mit einer ausführlichen Biographie, sondern mit einem kurzen und anschaulichen Text darzustellen.

Thyra Lenßen, Lehrerin für evangelische Religion am Gymnasium in Kenzingen (Baden-Württemberg) hat einen solchen kurzen und anschaulichen Text über Bonhoeffers Leben verfasst:

„Dietrich Bonhoeffer war ein bedeutender Mann in Deutschland, der von 1906 bis 1945 lebte. Er war ein Theologe, was bedeutet, dass er viel über den Glauben und die Religion nachdachte, und ein Pfarrer, der den Menschen half, ihren Glauben zu verstehen und zu leben. Bonhoeffer wurde am 4. Februar 1906 in Breslau, Deutschland, geboren. Heute heißt diese Stadt Wroclaw und gehört zu Polen. Er wuchs in einer großen Familie auf, sein Vater war Lehrer und seine Mutter kümmerte sich um die Kinder. Dietrich hatte sechs [es waren sieben!] Geschwister und war ein kluger Junge, der gerne zur Schule ging und sich für viele Dinge interessierte, besonders für Religion. Nach dem Ende der Schulzeit studierte Dietrich Theologie an mehreren Universitäten, unter anderem in Tübingen und Berlin. Er wollte verstehen, was der Glaube für die Menschen bedeutete. Nach seinem Studium wurde er Pfarrer und arbeitete in einer Gemeinde, wo er den Menschen half, ihren Glauben zu leben. In den 1930er Jahren kam Adolf Hitler in Deutschland an die Macht und viele Menschen litten unter seiner Herrschaft, besonders die Juden. Dietrich Bonhoeffer war mit dieser Ungerechtigkeit nicht einverstanden und sprach sich offen gegen die Nazis aus. Er setzte sich für die Menschen ein, die verfolgt wurden, und glaubte daran, dass man für das Gute kämpfen muss, auch wenn es gefährlich ist. Im Jahr 1943 wurde Dietrich Bonhoeffer von den Nazis verhaftet, weil er sich gegen sie stellte und mit anderen zusammen Pläne gegen sie hatte. Am 9. April 1945 wurde er in einem Gefängnis hingerichtet, nur wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Heute wird Dietrich Bonhoeffer als ein Held angesehen und viele Menschen bewundern ihn für seinen Mut und seinen Glauben. Er hat gezeigt, dass man für das Gute kämpfen sollte, auch wenn es schwer ist. Seine Bücher und Gedanken über den Glauben sind bis heute wichtig für viele Menschen. Dietrich Bonhoeffer war ein mutiger Mann, der für Gerechtigkeit eintrat und seinen Glauben lebte. Sein Leben erinnert uns daran, wie wichtig es ist, für das Gute zu kämpfen und sich gegen Unrecht zu wehren.“ (Quelle: Thyra Lenßen: „Mila – aus Angst wird Mut“. Eine Geschichte über Dietrich Bonhoeffer und für die Gegenwart, in: Entwurf – Konzepte, Ideen und Materialien für den Religionsunterricht 1/2025, S. 14 – 19, hier S. 17.)

Bonhoeffer kämpfte für das Gute und gegen das Unrecht des NS-Regimes. Er schloss sich dem politischen Widerstand gegen Hitler an, zu dem auch sein Bruder Klaus und seine beiden Schwäger Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher gehörten. Als V-Mann der militärischen Abwehr setzte er seine ökumenischen Kontakte dafür ein, das Ausland über Existenz und Ziele der deutschen Widerstandsbewegung zu informieren.

Dazu brauchte er Mut, Weisheit und Besonnenheit, denn er wusste, dass seine verdeckten Tätigkeiten von der NS-Justiz als Hochverrat eingestuft werden würden.

Bonhoeffers politischer Widerstand war auch ein mutiger Kampf gegen die Abgötterei und antichristliche Propaganda der NS-Ideologie und der Deutschen Christen, die in drei Texten sehr deutlich werden:

Text 1: Wir sind die fröhliche Hitlerjugend (1934): „Wir sind die fröhliche Hitlerjugend, Wir brauchen keine christliche Tugend, Denn unser Führer Adolf Hitler ist unser Erlöser, ist unser Mittler. Kein Pfaff, kein böser, kann uns verhindern Uns zu fühlen als Hitlers Kinder, Nicht Christus folgen wir, sondern Horst Wessel. Fort mit Weihrauch und Weihwasserkessel. Wir folgen singend Hitlers Fahnen, Nur dann sind wir würdig unserer Ahnen. Ich bin kein Christ und kein Katholik, Ich geh mit SA durch dünn und dick, Die Kirche kann mir gestohlen werden, Das Hakenkreuz macht mich glücklich auf Erden. Ihm will ich folgen auf Schritt und Tritt, Baldur von Schirach, nimm mich mit!“

Text 2: Die neuen Grundsätze der Deutschen der Deutschen Glaubensbewegung vom 15. Oktober 1936: Das Kampfziel der Deutschen Glaubensbewegung ist die Einheit des deutschen Volkes in einem arteigenen deutschen Glauben. Die Grundlage des deutschen Glaubens ist die Wesensart der nordischen Rasse und das durch sie bestimmte deutsche Volkstum … Werte deutschen Glaubens sind Boden, Blut und Ehre … Heilig ist deutschem Glauben die Geburt, - nicht die Taufe; die Ehe, - nicht der Priestersegen; das Volk, - nicht die Kirche; das Göttliche, - nicht der Glaubensartikel … Die Deutsche Glaubensbewegung verneint das Christentum … Sie kämpft für eine ausschließlich deutsche Erziehung ohne christlichen Zusatz … gegen die Verdächtigung, daß Nichtzugehörigkeit zu einer christlichen Kirche ein staatsbürgerlicher Mangel sei …“

Text 3: Das neue Programm der Deutschen Christen (Nationalkirchliche Bewegung) vom 14. Juli 1937: „Die nationalkirchliche Bewegung ‚Deutsche Christen‘ ist Träger der nationalkirchlichen Idee … Sie erstrebt die religiöse Erneuerung und Einigung des deutschen Volkes … kämpft um die Überwindung der Konfessionen unter der Parole: Ein Volk – Ein Glaube! … Deutschland ist unsere Aufgabe. – Christus ist unsere Kraft! … setzt sich ein für die Überwindung und Beseitigung alles jüdischen und fremdvölkischen Geistes in den kirchlichen Lehr- und Lebensformen … Christus ist nicht Sproß und Vollender des Judentums, sondern sein Todfeind und Überwinder … lehnt jeden kirchlichen Herrschaftsanspruch und Gewissenszwang als undeutsch und unchristlich ab … bekennt sich vorbehaltlos zur nationalsozialistischen Weltanschauung und zur Totalität des deutschen Lebens …: Dienst am Volk ist Gottesdienst! … Die Nationalkirche ist die Erfüllung ewiger Sehnsucht des deutschen Volkes: Sätze des Friedens und der Anbetung, Hort deutscher Frömmigkeit, Trutzburg des Glaubens und der Kraft.“ (Ergänzungen zum Text 1: Horst Wessel: 1907 bis 1930, wurde von einem Kommunisten ermordet, verfasste die Parteihymne der NSDAP „Die Fahne hoch“; Baldur von Schirach: 1907 – 1974, Reichsjugendführer der NSDAP; Quelle aller drei Texte: Hermle, Siegfried / Thierfelder, Jörg: Herausgefordert. Dokumente zur Geschichte der Evangelischen Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 2008, S. 569, S. 367 f, S. 361 f)

Am 31. Mai 1934 verabschiedeten 139 Delegierte der Bekennenden Kirche (Bonhoeffer war nicht dabei), die Barmer Theologische Erklärung (Barmen ist ein Ortsteil der deutschen Stadt Wuppertal; dort wurde im August 1935 eine kirchliche Hochschule für reformatorische Theologie gegründet, an der bis heute evangelische Theologe gelehrt wird). Diese erklärte die Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Nationalsozialismus und die Theologie der NS-nahen Deutschen Christen als falsche Lehre. Anhand von Bibelstellen wenden sich die sechs Verwerfungen dieser Barmer Theologischen Erklärung entschieden und entschlossen gegen die Irrtümer der Deutschen Christen:

  1. „Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen. 2. Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären, Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heiligung durch ihn bedürften. 3. Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen. 4. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und dürfe sich die Kirche abseits von diesem Dienst besondere, mit Herrschaftsbefugnissen ausgestattete Führer geben und geben lassen. 5. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne sich die Kirche über ihren besonderen Auftrag hinaus staatliche Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde aneignen und damit selbst zu einem Organ des Staates werden. 6. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne die Kirche in menschlicher Selbstherrlichkeit das Wort und Werk des Herrn in den Dienst irgendwelcher eigenmächtig gewählter Wünsche, Zwecke und Pläne stellen.“

(Quelle: Hermle, Siegfried / Thierfelder, Jörg: Herausgefordert. Dokumente zur Geschichte der Evangelischen Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 2008, S. 206 – 209)

Der anglikanische Bischof George Bell (1883 – 1958), führender Vertreter der Ökumene, Freund Dietrich Bonhoeffers und der Bekennende Kirche, würdigte beim Treffen der Vertreter der Ökumene und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 19. Oktober 1945, also gut sechs Monate nach Bonhoeffers Tod am 9. April 1945, Bonhoeffers Kampf für das Gute und gegen die Abgötterei der NS-Ideologie: „Mit einem ganz besonderen Gefühl der Freude stehe ich den Führern der deutschen evangelischen Kirche gegenüber. Ich komme als ein Mitglied der ökumenischen Delegation, deren Bestehen von großer Bedeutung ist … Vor allem aber komme ich als Bruder in Christo und als alter Freund der Bekennenden Kirche … Durch die Leiden und Verluste, die die deutsche evangelische Kirche in diesem schrecklichen Konflikt [gemeint ist der mit dem NS-Staat und mit den Deutschen Christen) erlitten hatte, litt die gesamte ökumenische Kirche. Einer von denen, dessen Tod der ökumenischen Kirche, viele seiner Freunde in unserem eigenen Lande und mir selbst einen persönlichen Verlust brachte, ist der tapfere, sich seiner Aufgabe hingebende, so begabte und eifrige Dietrich Bonhoeffer. Ich versichere Sie, daß durch die Leiden Ihrer Kirche wir in den anderen Kirchen auch gelitten haben, letzten Endes aber können wir in den anderen Kirchen von Eurer Religion lernen, von Eurem Zeugnis und Eurem Bekenntnis, vom Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes, von der Bruderschaft der Kirchenglieder in dem großen Kampf gegen die Abgötterei jeder Art und gegen die Verweltlichung und Eigennutz.“ (Quelle: Hermle, Siegfried / Thierfelder, Jörg: Herausgefordert. Dokumente zur Geschichte der Evangelischen Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 2008, S. 761 f.)

Der tapfere und eifrige Dietrich Bonhoeffer möge uns ermutigen und inspirieren, dass wir dem Gedankengut und der Abgötterei mit rechtsradikalen und antichristlichen Tendenzen mit unseren Worten und Taten tapfer und eifrig entgegentreten.  

Fragen:

  • Wie findest du die Kurzbiographie Bonhoeffers?
  • Wirst Du auch mal versuchen, eine solche Kurzbiographie über Bonhoeffer zu schreiben?
  • Welche Aussagen der Bekenntnisse der Hitlerjugend, der Deutschen Glaubensbewegung und der Deutschen Christen haben dich verwundert und entsetzen lassen?
  • Hast Du mal etwas von der Barmer Theologischen Erklärung gehört oder gelesen?
  • Wo erkennst Du in der heutigen Zeit Gedankengut des Nationalsozialismus?
  • Wer kämpft in unserer Zeit für das Gute bzw. gegen Abgötterei?   

Lesen wir bis zum Rundbrief August 2025: Psalm 75; Matthäus-Evangelium, Kapitel 9, die Verse 18 – 26.                                                      

Liebe Grüße, Euer Obmann Uwe