Rundbrief 2022-02 Der beste Arzt

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HAPAX und ein herzliches Hallo zum Rundbrief Feber 2022!

Im Dezember 1971, also vor gut 50 Jahren, gründeten 13 Ärzte und Journalisten in Paris Médecins Sans Frontières die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“.


Das Logo (Quelle: de.wikipedia.org)

Die österreichische Sektion mit Sitz in Wien besteht seit 1994. Auf ihrer Homepage heißt es (www.aerzte-ohne-grenzen.at): „Als medizinisch-humanitäre Hilfsorganisation setzen wir uns seit fast 50 Jahren dafür ein, Menschen in Not effizient zu helfen – ungeachtet ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder politischen Überzeugung. Rassismus, Diskriminierung und Ungleichheit widersprechen diesen Werten – sie haben keinen Platz in unserer Organisation. Die Arbeit von Ärzten ohne Grenzen ist vor allem medizinischer Natur und umfasst Hilfsmaßnahmen für notleidende Menschen. In vielen Ländern ist das Gesundheitssystem nicht funktionsfähig, sei es wegen Krieg, Natur oder von Menschen verursachten Katastrophen oder ganz einfach wegen fehlender finanzieller oder logistischer Mittel.“

Das oberste Ziel der Ärzte ohne Grenzen ist Leben zu retten. Sie helfen nicht nur Menschen in Entwicklungsländern der Dritten Welt, sondern auch in reichen Staaten wie in den USA und in Ländern der Europäischen Union wie in Frankreich, Italien und Spanien.

In Österreich haben wir eine sehr gute medizinische Versorgung. Dazu tragen auch die Ärzte bei. Für den deutschen evangelischen Theologen Wolfgang Trillhaas (1903 – 1995, war Mitglied der Bekennenden Kirche und Universitätsprofessor für Dogmatik und Ethik) ist ein Arzt dann ein Arzt, wenn er nicht nur die Symptome einer Krankheit behandelt, sondern den ganzen Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele wahrnimmt: „Er [der Arzt] wird … unerachtet aller Spezialisierung den ganzen Menschen nie aus dem Auge lassen dürfen. Und nur insoweit er das vermag, ist er ‚Arzt‘ [und auch Seelsorger]. Er wird nicht meinen, so etwas wie ein pure Gesundheit herstellen zu können. Aber darin ist der Arzt in seinem Dienste gerechtfertigt, daß er den Menschen, der sich im anvertraut, so oder so dazu hilft, seinen gestörten leib-seelischen Haushalt in Ordnung zu bringen, so daß er wieder ein freier, für seine Ziele offener Mensch wird.“ (Wolfgang Trillhaas: Ethik, Berlin 1970, S. 225)  

Im Jänner 1941 verweilte Bonhoeffer im Kloster Ettal, einer Benediktinerabteil in Oberbayern, um an seiner Ethik weiter zu schreiben. Außerdem verfasste er dort den Aufsatz „Der beste Arzt“ für die Bädermission, die Seelsorge in Heilbädern durchführt. Grundlage seiner Ausführungen ist der Vers aus 2. Mose, Kapitel 15, Vers 26: „Denn ich bin der Herr, dein Arzt.“ Es geht in Bonhoeffers Aufsatz nicht um eine Analyse von fachlichen und persönlichen Qualifikationen, die einen guten Arzt ausmachen, sondern um die Beantwortung, warum Christus der wahre und beste Arzt ist. Seine Argumentationen sind also christologisch begründet: „Mitten in der herrlichen Natur sehen wir, wie ein gelähmtes Kind im Rollstuhl gefahren wird. Wer noch ein Herz hat, das nicht völlig stumpf geworden ist für den Nächsten, dem wird es im Augenblick klar, daß hier etwas in unserer Welt nicht in Ordnung ist, daß die Welt … nicht die ursprüngliche Welt Gottes ist. Hier ist etwas Widergöttliches in die Welt eingebrochen … Nur in einer gott-los gewordenen Welt gibt es Krankheit. Weil die Welt an Gott selber krankt, darum gibt es kranke Menschen. Nur eine Welt, die wieder ganz in Gott geborgen wäre, eine erlöste Welt, würde ohne Krankheit sein … Krankheiten gehören … vor den Arzt, aber nicht vor Gott. Wie dürfte man auch Gott, den Herrn der Welt, mit seinen kleinen leiblichen Übeln belästigen? Gott hat andere Sorgen. Das ist ganz vernünftig und vielleicht auch ganz religiös gedacht. Aber es ist falsch … Gewiß soll der Kranke zum Arzt gehen und dort Hilfe suchen. Aber das wichtigste ist damit allein nicht getan und nicht erkannt. Hinter den irdischen Ursachen und Heilmitteln stehen die überirdischen Ursachen und die überirdischen Heilmittel der Krankheit … Die Krankheit gehört in besonderer Weise zu Gott. Nicht daraus macht die Bibel dem Menschen einen Vorwurf, daß er mit seiner Krankheit zum Arzt geht, sondern daraus, daß er mit ihr nicht zu Gott geht. Es ist kein Zufall, daß Christus in auffallender Nähe zu den Kranken gelebt hat … Warum hat Christus diese Leute nicht zum Arzt geschickt. Gewiß nicht, um dem Ansehen der Ärzte zu schaden …, sondern um es deutlich werden zu lassen, daß Gott und Krankheit, daß Christus und die Kranken ganz eng zusammen gehören. Christus will der wahre Arzt der Kranken sein … Der Schöpfer und Erlöser der Welt bietet sich dem Kranken zum Arzt an … Wer den Zusammenhang von Gott und Krankheit nur ahnt …, dem kann die Krankheit zum Hinweis werden auf die Sünde der Menschen, auf die Zerstörung der Gemeinschaft der Geschöpfe mit dem Schöpfer. Hier liegen die überirdischen Gründe und Abgründe der Krankheit … Die leibliche Krankheit will mich erkennen lehren, daß meine eigentliche Krankheit viel tiefer steckt, so tief, daß kein irdischer Arzt sie heilen kann, weil meine eigentliche Krankheit – meine Sünde ist. Nicht nur mein Leib, meine Nerven, mein Gemüt ist krank, sondern mein ganzes Wesen, mein Herz ist krank, krank am Unglauben, an der Gottlosigkeit meines Lebens … Nun weiß ich, daß mir geholfen werden kann …: durch echte Beichte und durch göttliche Vergebung aller meiner Sünden … Was heißt Beichte? Sich Jesus Christus mit allen seinen Sünden, Schwächen, Lastern, Leiden öffnen und ihm auf sein Wort hin das ganze Herze geben ohne den geringsten Vorbehalt. Das ist keine leichte Sache …, daß die meisten von uns hierzu einen brüderlichen Helfer brauchen … Was heißt Vergebung? Auslöschung meiner ganzen heillosen, verfahrenen, gescheiterten Vergangenheit … durch Gottes Machtwort und durch das Geschenk eines neuen fröhlichen Anfangs meines Lebens. Wer kann mir solchen neuen Anfang schenken? Niemand anders als allein der gekreuzigte und lebendige Jesus Christus, der selbst die Heillosigkeit des Lebens an sich erfuhr und sie überwunden hat in der Gemeinschaft Gottes. Er ist der einzige Arzt, der meine tiefste Krankheit kennt …, er ist der ‚Heiland‘, der Herz, Seele und Leib heilen kann. Was aber hat Vergebung der Sünden mit leiblicher Gesundung zu tun? Mehr als die meisten Menschen ahnen. Freilich, es ist ein geheimnisvoller Zusammenhang … Der Leib wird vielfach allein darum krank, weil er sich selbst überlassen ist, weil er sein eigener Herr geworden ist … Es gibt viele Leiden, die von dem empfangenen Zuspruch der Vergebung nicht sichtbar gelindert und beseitigt werden … Eines ist gewiß: Wie der Unglaube eine Quelle der Zerstörung und der Krankheit des Leibes und der Seele ist, so ist der Glaube eine Quelle aller Heilung und Gesundung. Wenn Christus sich den Arzt der Kranken nennt, dann fällt auf jeden Kranken … der Glanz der göttlichen Barmherzigkeit. Der Kranke gehört Gott, an ihm will Gott sein Heil verwirklichen … Der Kranke will Heilung, Christus schenkt ihm mehr: sein Heil.“ (Dietrich Bonhoeffer: Konspiration und Haft (1940 – 1945), DBW 16, S. 501 – 505)                          

Fragen zum Nachdenken:

  • Wie findest Du die Organisation Ärzte ohne Grenzen?
  • Was ist für Dich ein guter Arzt?
  • Welche Aussagen Bonhoeffers kannst Du bzw. kannst Du nicht nachvollziehen?
  • Vertraust Du Gott Deine Krankheiten an und erwartest Du von ihm Gesundung?

Lesen wir bis zum Rundbrief März 2022: 
Psalm 72; Matthäus-Evangelium, Kapitel 22, die Verse 15 – 22           

Liebe Grüße, Euer Obmann Uwe