Rundbrief 2022-01 Trotzdem Ja zum Leben sagen

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HAPAX und ein herzliches Hallo!

Ich grüße Euch sehr herzlich zum neuen Jahr 2022 und wünsche uns allen Gottes Segen für unsere Aufgaben, Lebenswege und Vereinsarbeit.

„Trotzdem Ja zum Leben sagen“ – das ist eine positive, mutmachende und hoffnungsvolle Einstellung für das kommende Jahr.

„Trotzdem Ja zum Leben sagen“ – so heißt ein weltberühmtes Buch des österreichischen Psychologen, Psychiaters und Neurologen Viktor Emil Frankl (www.franklzentrum.org).


Viktor Frankl 1955 in Wien
Quelle: wikipedia.org

Er wurde 1905 in Wien geboren und starb dort 1997. 1942 – 1945 wurde er in mehrere deutsche Konzentrationslager deportiert, unter anderem in die Konzentrationslager Auschwitz und Kaufering–Hurlach, einem Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. 1946 erschien sein Buch, in dem er beschreibt, dass er trotz erlebten Leids und erfahrener Unmenschlichkeit einen Sinn im Leben sieht.

Im zweiten Teil seines Buches steht das von ihm verfasste Drama „Synchronisation in Buchenwald“, das im Dezember 2021 im Volxhaus Klagenfurt (www.volxhaus.net) aufgeführt werden sollte.

Der Titel seines Buches geht auf ein Zitat aus dem Refrain der Lagerhymne „Das Buchenwaldlied“ des KZ-Häftlings Fritz Löhner-Beda (1883 – 1942) zurück, einem österreichischen Librettisten, Schlagertexter und Schriftsteller. Der Refrain heißt: „O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen, weil du mein Schicksal bist. Wer dich verließ, der kann es erst ermessen, wie wundervoll die Freiheit ist! O Buchenwald, wirj ammern nicht und klagen, und was auch unser Schicksal sei, wir wollen trotzdem ja zum Leben sagen, denn einmal kommt der Tag: dann sind wir frei!“

Viktor Frankl schreibt im Abschnitt seines Buches „Nach dem Sinn seines Lebens fragen“ (S. 117 – 119): „Was hier not tut, ist eine Wendung in der ganzen Fragestellung nach dem Sinn des Lebens: Wir müssen lernen und die verzweifelnden Menschen lehren, daß es eigentlich nie und nimmer darauf ankommt, was wir vom Leben noch zu erwarten haben, vielmehr lediglich darauf, was das Leben von uns erwartet! … Leben heißt letztlich eben nichts anderes als Verantwortung tragen für die rechte Beantwortung der Lebensfragen, für die Erfüllung der Aufgaben, die jedem einzelnen das Leben stellt, für die Erfüllung der Forderung der Stunde … Nie kann also der Sinn menschlichen Lebens allgemein angegeben werden, nie läßt sich die Frage nach diesem Sinn allgemein beantworten – das Leben, wie es hier gemeint ist, ist nichts Vages, sondern jeweils etwas Konkretes, und so sind auch die Forderungen des Lebens an uns jeweils ganz konkrete … Kein Mensch und kein Schicksal läßt sich mit einem anderen vergleichen; keine Situation wiederholt sich … Immer aber ist jede Situation ausgezeichnet durch jene Einmaligkeit und Einzigartigkeit, die jeweils nur eine, eine einzige, eben die richtige ‚Antwort‘ auf die Frage zuläßt, die in der konkreten Situation enthalten ist. Sofern nun das konkrete Schicksal dem Menschen ein Leid auferlegt, wird er auch in diesem Leid eine Aufgabe und ebenfalls eine ganz einmalige Aufgabe, sehen müssen … Darin aber, wie er selbst, der von diesem Schicksal Betroffene, dieses Leid trägt, darin liegt auch die einmalige Möglichkeit zu einer einzigartigen Leistung. Für uns im Konzentrationslager … ging es längst nicht mehr um die Frage nach dem Sinn des Lebens, wie sie oft in Naivität gestellt wird und nichts weiter meint als die Verwirklichung irgendeines Zieles dadurch, daß wir schaffend etwas hervorbringen. Uns ging es um den Sinn des Lebens als jener Totalität, die auch noch den Tod mit einbegreift und so nicht nur den Sinn von ‚Leben‘ gewährleistet, sondern auch den Sinn von Leiden und Sterben: um diesen Sinn haben wir gerungen.“

„Wir wollen trotzdem Ja zum Leben sagen“, weil letztendlich die Kraft der Hoffnung an sich und auch die auf Christus uns diese Worte sagen lassen. Auch Bonhoeffer hat sicherlich Ja zum Leben gesagt und dadurch Hoffnung geschöpft, eines Tages wieder frei zu sein. In seinem Brief an Eberhard Bethge vom 25. Juli 1944 schreibt er: „Die letzten Nächte war unsere Gegend hier mal wieder dran. Beim Heulen der Bomben denke ich dann immer, wie geringfügig das ist gegenüber dem, was Du da draußen erlebst … Ich habe die Memoiren aus dem Totenhaus [Werk von Fjodor Dostojewskij, 1821 – 1861] jetzt zu Ende gelesen … Mich beschäftigt noch die Behauptung …, daß kein Mensch ohne Hoffnung leben könne, und daß Menschen, die wirklich alle Hoffnung verloren haben, oft wild und böse werden …; aber für Christen kann es sich doch wohl nur darum handeln, begründetet Hoffnung zu haben … wie groß ist dann erst die Macht, die eine absolut begründete Hoffnung für das Leben hat und wie unbesiegbar ist so ein Leben. ‚Christus, unsere Hoffnung‘ [1. Timotheus, Kapitel 1, Vers 1] – diese Formel des Paulus ist die Kraft unseres Lebens.“ (Widerstand und Ergebung, DBW 8, S. 544 f.)

Diese in Christus begründete Hoffnung gibt nicht nur Kraft zum Leben, sondern auch Kraft, auf eine bessere irdische Zukunft optimistisch zu hoffen. In seiner Rechenschaft an der Wende zum Jahr 1943 schreibt Bonhoeffer: „Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignierten, eine Kraft, den Kopf hochzuhalten, wenn alles fehlzuschlagen scheint, eine Kraft, Rückschläge zu ertragen, eine Kraft, die die Zukunft niemals dem Gegner läßt, sondern sie für sich in Anspruch nimmt. Es gibt gewiß auch einen dummen, feigen Optimismus, der verpönt werden muß. Aber den Optimismus als Willen zur Zukunft soll niemand verächtlich machen, auch wenn er hundertmal irrt … Es gibt Menschen, die es für unernst, Christen, die es für unfromm halten, auf eine bessere irdische Zukunft zu hoffen und sich auf sie vorzubereiten. Sie glauben an das Chaos, die Unordnung, die Katastrophe als den Sinn des gegenwärtigen Geschehens und entziehen sich in Resignation oder frommer Weltflucht der Verantwortung für das Weiterleben für den neuen Aufbau, für die kommenden Geschlechter. Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“ (Widerstand und Ergebung, DBW 8, S. 36)

Fragen zum Nachdenken?

  • „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ – wann und warum hast Du das einmal gesagt?
  • Worin besteht ein Sinn des Lebens für Dich?
  • Wo und wann hast Du Leid erfahren?
  • Was verbindest Du mit Hoffnung bzw. Optimismus?

Lesen wir bis zum Rundbrief Feber 2022: 
Psalm 71; Matthäus-Evangelium, Kapitel 22, die Verse 1 - 14              

Liebe Grüße, Euer Obmann Uwe