Rundbrief 2021-09 Studium

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HAPAX und ein herzliches Hallo zum Rundbrief September 2021!

„Du sollst nicht abschreiben!“ – so hieß das Journal-Panorama-Sommergespräch vom 22. Juli 2021 im Radiosender Ö1. Die Journalistin Astrid Plank sprach mit dem 51-jährigen Privatdozenten Mag. Dr. Stefan Weber, Plagiatsgutachter, Medien- und Kommunikationswissenschaftler, Lektor an der Technischen Universität Wien, an der Universität Wien und Buchautor (www.plagiatsgutachten.com).

Stefan Weber hat gravierende Mängel in den akademischen Arbeiten der ÖVP-Politikerin Christine Aschbacher aufgedeckt, die wegen dieser Plagiatsaffäre zurücktrat. Aus privaten und nicht aus kommerziellen oder politischen Gründen hat er in dem neusten Sachbuch der deutschen Spitzenkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ zahlreiche abgeschriebene Stellen gefunden. Weber lehnt die Bezeichnung „Plagiatsjäger“ ab und versteht sich eher als Plagiatsforscher oder Plagiatsgutachter, der Interesse an der Textkultur hat. Plagiatsprüfungen sind notwendig, weil Plagiate Diebstahl geistigen Eigentums sind. Akademische Werke werden nur unzureichend mit einer Plagiatssoftware geprüft. Stefan Weber stellt eine Studierunfähigkeit von Studenten der Publizistikwissenschaften an der Universität Wien fest, weil diese keine Forschungsfragen und Hypothesen formulieren und auch nicht richtig zitieren können. Diese Mängel, die Weber vor allem in den Sozial-, Kultur- und Geisteswissenschaften feststellt, sieht er in einem Kulturwandel begründet, der durch die Digitalisierung ausgelöst wurde. Durch den fortschreitenden Akademisierungstrend in der Politik ist ein „Screening“ nötig, durch das geprüft werden soll, ob bei Politkern der Titel rechtens ist und die Abschlussarbeiten „sauber“ sind. Weber möchte mit seinen Plagiatsgutachten Menschen nicht schaden. Es geht ihm vielmehr um das genaue Hinsehen in einer schnelllebigen Kultur der Oberflächlichkeit.          

Ob die Studenten Bonhoeffers richtig zitierten und wissenschaftlich arbeiteten und ob diese in ihren akademischen Abschlussarbeiten plagiierten, weiß ich nicht. Bonhoeffer gab aber Studenten der Theologie wichtige Empfehlungen, die nicht das wissenschaftliche Arbeiten, sondern die richtige Motivation und Einstellung der Studenten zum Theologiestudium thematisierten.

Er schrieb in seinem Aufsatz „Was soll der Student der Theologie heute tun?“ (DBW 12, Berlin 1932 – 1933, S. 416 – 419): „Er soll vor allen Dingen nur dann Theologie studieren, wenn er ehrlicherweise meinen muß, etwas anderes nicht studieren zu können … Er soll nicht meinen, daß er als einer, der wirklich nur Theologie studieren zu können meint, irgend etwas vor anderen Studenten voraus habe, denn er wird erfahren, daß … er am Ende eines rechten Studiums aus ganz anderen Gründen Theologe sein muß … als am Anfang … Nicht ein Berufungserlebnis, sondern die Entschlossenheit zu nüchterner, ernster, verantwortlicher theologischer Arbeit steht am Eingang des theologischen Studiums. Er mag in sein theologisches Studium seine philosophische, seine ethische, pädagogische, völkische, soziale Passion mit hineinnehmen … aber er soll dann als Theologe lernen und wissen, dass der Antrieb seines Lebens und Denkens als eines Theologen nirgends anders herkommen kann als von der Passion Jesu Christi, des gekreuzigten Herrn … Hier geschieht der große Umschwung, der für das Studium die Wende zur theologischen Sachlichkeit bedeutet. Hier ist theologisches Arbeiten … verantwortliches Lernen, Hören, Aufmerksamwerden auf das Wort Gottes … Der junge Theologe soll offen und ehrlich Theologe sein wollen in diesem Sinn oder er soll heute lieber als morgen sein Theologiestudium an den Nagel hängen … Warum sollte es gerade für einen Theologen besonders sachgemäß und erforderlich sein, von seinem ersten Semester an bis zur Erreichung der höchsten geistlichen Ämter der Kirche von der theologischen Wissenschaft verächtlich zu reden? … Der junge Theologe soll sich mit seiner Theologie im Dienst der wahren Kirche wissen, die ihren Herrn unbeirrt bekennt, und in dieser Verantwortung leben … Es ist widerwärtig zu sehen, wenn es der Theologe darauf absieht, wenn er es als wohltuend empfindet, eher für einen Weltmann als für einen Theologen gehalten zu werden … Er soll sich durch ein Studium bereit machen, die Geister in der Kirche Christi zu prüfen. Er soll aus der Heiligen Schrift und den Bekenntnissen der Reformation lernen, was die lautere, wahrhaftige Lehre des Evangeliums Jesu Christi sei und was Menschenlehre, Menschengesetz, falsche Lehre und Abgötterei sei … Und ist die Kirche, der er dient, im status confessionis [Bekenntnissituation aufgrund einer Irrlehre wie zum Beispiel die der Deutschen Christen], muß er erkennen, daß das Evangelium in Irrlehre verkehren wird … Er soll in solchen Zeiten … die Bibel lesen und studieren, wie nie zuvor … Er soll in solchen Zeiten … als rechter Theologe wissen, daß er selbst dort, wo ihn seine Erkenntnis der Wahrheit und Reinheit des Evangeliums Jesu Christi von der Irrlehre trennt, mitschuldig, stellvertretend, fürbittend neben den Irrenden und irregeführten Brüdern steht und selbst nicht von seiner Besserwisserei oder Rechthaberei, sondern allein von der Vergebung lebt …“        

Fragen zum Nachdenken:

  1. Wie beurteilst Du die Arbeit des Plagiatsgutachters Stefan Weber?
  2. Meinst Du, dass in Bonhoeffers Werken Plagiate zu finden sind?
  3. Wie findest Du die Empfehlungen Bonhoeffers für ein aufrichtiges Theologiestudium?
  4. Welche Motivation hattest Du für Deine Berufswahl oder für Dein Studium?

Lesen wir bis zum Rundbrief Oktober 2021: 

Psalmen 62 – 64; Matthäus-Evangelium, Kapitel 21, die Verse 23 – 27                   

Liebe Grüße,

Euer Obmann Uwe