Rundbrief 2021-08 Sport

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HAPAX und ein herzliches Hallo zum Rundbrief August 2021!

„Es lebe der Sport“ – so heißt ein Lied des österreichischen Musikers Reinhard Fendrich. Im Refrain heißt es: „Es lebe der Sport. Er ist gesund und macht uns hort. Er gibt uns Kraft, er gibt uns Schwung. Er ist beliebt bei oid und jung.“

Heuer wurde die für 2020 geplante Fußball-Europameisterschaft (11. Juni bis 11. Juli 2021) nachgeholt. Österreich hat einen ansprechenden Fußball gespielt und ist im Achtelfinale gegen Italien unglücklich ausgeschieden. Heuer werden auch die für 2020 geplanten Olympischen Sommerspiele in Tokio (23. Juli bis 8. August 2021) nachgeholt.

Fußball ist auch eine olympische Sportart, ist in der ganzen Welt beliebt und verbindet und begeistert Menschen. Ein junger Mann zeigte mir mal stolz seinen Mitgliedsausweis einer deutschen Bundesligamannschaft und sagte: „Das ist meine Religion!“

Fußball und Religion – da gibt es einige Parallelen und Gemeinsamkeiten. Es gibt den heiligen Raum. Beim Fußball ist es das Fußballfeld und das Fußballstadion, bei der Religion ist es das Kirchengebäude oder die Kapelle. Der Torhüter bewahrt das Tor, der Pfarrer den Altar als sein Heiligtum. Die Fans tragen Trikots und Schale, die Pfarrer tragen Talare, Alben und Stolen. Die Fans richten sich auch festlich her und schminken sich, die Gottesdienstbesucher tragen oft schöne Kleidung. Die Fans singen Fußballlieder, die Gläubigen singen geistliche Lieder. Der Torschütze schaut dankend zum Himmel, der Gläubige betend zum Himmel. Als Zeichen der Freude nach einem Tor umarmen sich die Fußballer, als Zeichen für Frieden umarmen sich Menschen in Kirchen und reichen sich die Hände. Fußballspieler bekreuzigen sich, wenn sie das Fußballfeld betreten, Menschen tun das in Kirchen und Kapellen. Im Gottesdienst betet die Gemeinde das Vater Unser. In der deutschen Stadt Gelsenkirchen gibt es den berühmten Verein „Schalke 04“. „Auf Schalke“ – so sagt man dort – betet die Fußballgemeinde vor dem Spiel das „Schalke Unser“: „Schalke Unser im Himmel! Du bist die auserkorene Mannschaft. Verteidigt werde Dein Name. Dein Sieg komme, wie zu Hause so auch auswärts. Unseren üblichen Heimsieg gib uns immer und gib uns das ‚Zu Null‘, so wie wir Dir geben die Unterstützung. Und niemals vergib denen aus der Nähe von Lüdenscheid [gemeint ist Borussia Dortmund], wie auch wir ihnen niemals vergeben werden. Und führe uns stets ins Finale, denn Dein ist der Sieg und die Macht und die Meisterschaft in Ewigkeit. Attacke!“

Ein deutscher Fußballnationalspieler hat mal in einem Interview gesagt: „Der Fußball lenkt dich zwar ab von deinen Problemen. Aber er gibt keine Antwort auf die Probleme. Das ist der große Unterschied zur Religion. Ich bete vor den Spielen. Aber nur, damit ich und meine Familie gesund bleiben. Ich würde nie für einen Sieg beten. Nach großen Erfolgen ist es mir schon wichtig, eine Kerze anzuzünden und danke zu sagen für die Chance, die man im Leben bekommen hat, solche Momente erleben zu dürfen.“

Eine allgemeingültige Definition von Religion gibt es nicht. Das Besondere und Wesentliche einer monotheistischen Religion sind erstens der Glaube und das Vertrauen an einen dem Menschen gegenüberstehenden, ihn begleitenden und persönlichen Gott, ist zweitens der Glaube an die Überwindung und Beseitigung von Angst, Gewalt und Tod, der Glaube an einen guten Sinn des Lebens, der getragen wird von Liebe, Gerechtigkeit, Frieden und Dank und ist drittens die Bewältigung von existentiellen Grenzerfahrungen und der Umgang mit Sterben und Tod. Auf all diese besonderen und wesentlichen Merkmale einer Religion kann Sport nicht antworten. Folglich ist Sport auch keine Religion. Viele Menschen unserer Zeit spüren aber ein Vakuum und eine Leere in ihrem Leben und suchen deswegen nach etwas, das ihnen Halt, Sinn und Orientierung gibt. Das kann den Menschen anscheinend der Sport geben, nämlich das Gefühl von Segen, Frieden und Heilsein und das Gefühl von Lebensfreude, Geliebt- und Gebrauchtwerden. Durch den Sport als eine schöne Nebensache der Welt lässt sich durchaus Wichtiges und Schönes erfahren, erahnen, erfühlen, erleben und erspüren, nämlich unsere Welt, Gottes Welt, Leidenschaft,  Gefühl und Sehnsucht nach Heil und Leben. Sport ist daher eine Form von Weltfrömmigkeit.

Dietrich Bonhoeffer war ein sportlicher Typ: „[Er] hatte eine kräftige Gestalt … Seine Bewegungen waren kurz und schnell. Langsame Spaziergänge ertrug er schwer. Während der Schulzeit ein erfolgreicher Springer und Sprinter, nahm er es auch noch als Dozent beim Sport mit seinen Studenten auf.“ (Eberhard Bethge: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse, München 1967, Portrait)

Mit seinen Schülern des Predigerseminares Finkenwalde machte er regelmäßig Ausflüge und Spiele: „Bei schönem Wetter konnte er kurzerhand den Unterricht absagen, um mit den Seminaristen in die Buchheide oder an die Küste aufzubrechen. Sonntags ließ er keine Arbeit am Schreibtisch zu und veranstaltete alle möglichen Spiele.“ (Bethge, Bonhoeffer, S. 491)

Gerhard Lehne, ein ehemaliger Schüler Bonhoeffers, schreibt in seinem Brief vom 2. Feber 1933 an ihn: „Statt in die muffige Luft theologischen Muckertums kam ich in eine Welt, die vieles vereinte, was ich liebe und brauche: saubere theologische Arbeit … wahrhafte Bruderschaft unter dem Wort … Aufgeschlossenheit und Liebe zu allem, was auch diese gefallene Schöpfung noch liebenswert macht: Musik, Literatur, Sport und Schönheit der Erde …“ (Bonhoeffer, DBW 15, München 1998, S. 130) 

Wolf Dieter Zimmermann, ebenfalls ein ehemaliger Schüler Bonhoeffers, erinnert sich an seine Zeit im Predigerseminar Finkenwalde: „Musik, Tischtennis, Baden, - auch für die Freizeit war gesorgt. Doch ist es kaum jemanden von uns gelungen, Bonhoeffer im Tischtennis zu schlagen.“ (Zimmermann: Finkenwalde, in: Begegnungen mit Dietrich Bonhoeffer, München 1964, S. 83)

Nicht nur Tischtennis, sondern auch Tennis spielte Bonhoeffer gerne. Als Vikar in Barcelona schrieb er in seinem Brief vom 6. März 1928 an seine Großmama Julie: „Heute nachmittag werde ich zum 1. Mal wieder Tennis spielen, mit einem sehr netten Lehrer aus der Schule, den ich kennen gelernt habe und einem Herrn, den ich noch nicht kenne.“ (Bonhoeffer, DBW 10, München 1991, S. 36)      

Bonhoeffer stellt in seiner Dissertation „Sanctorum Communio“ heraus, dass Kirche dort sein muss, wo Menschen sind, um zu verstehen, was sie für ihr Leben suchen und brauchen: „Die Kirche muß in die Auseinandersetzung mit der Masse hinein, sie muß hören, wo die Massen nach Gemeinschaft rufen, in der Jugendbewegung, im Sport, und darf es hier nicht unterlassen, auch ihr Wort von der sanctorum communio mitten hineinzurufen.“ (Bonhoeffer, DBW 1, München 1986, S. 164)

In seinem Vortrag „Grundfragen einer christlichen Ethik" vom 8. Feber 1929 in Barcelona nimmt Bonhoeffer den beginnenden Körperkult wahr, der bis heute andauert: „Das gegenwärtig weitaus bewegteste und schwierigste Problem ist die sexuelle Frage. Es hängt mit der allgemein wachsenden Bewertung des Körperlichen [-] man denke an den Sport [-] zusammen, daß man auch hier dem Körper seine Rechte einräumen will.“ (Bonhoeffer, DBW 10, München 1991, S. 342 f.)    

Sport war für Bonhoeffer sicherlich auch eine Art von Weltfrömmigkeit, durch die seine Seele Heil und Leben gespürt hat. Aber letztendlich wusste Bonhoeffer, dass das wahre Heil für seine Seele nicht im Sport, sondern nur bei Gott zu finden ist. In seiner Predigt über Psalm 62, 2 („Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft“) vom 15. Juli 1928 in Barcelona schreibt er: „Meine Seele ist stille zu Gott. Wie ein Lied aus alten Zeiten … auf Goldgrund gemalt, wie Erinnerung an Kindertage klingt zu uns … das wunderliche, uns so fremd gewordene Wort von der Seele. Gibts denn auch für unsere Tage noch so etwas wie Seele, in der Zeit der Maschinen, des Wirtschaftskampfes, der Herrschaft der Mode und des Sports … Aber es hat eine Sprache voll größter Verantwortung und tiefstem Ernstes: du, Mensch, hast eine Seele; schau, daß du sie nicht verlierst, daß du nicht eines Tages vom Taumel des Lebens – des Beruflebens und des Privatlebens – erwachst – und sehen mußt, daß du innerlich hohl geworden bist, ein Spielball der Ereignisse, ein Blatt vom Winde hin- und hergetrieben und verweht – daß du ohne Seele bist. Mensch hab acht auf deine Seele; was sollen wir sagen von jener Seele: sie ist das Leben, das Gott uns gegeben hat; sie ist das, was Gott an uns geliebt hat, was er aus seiner Ewigkeit heraus angerührt hat, sie ist die Liebe in uns … Wir können es wohl sagen, nicht viele gibt es, die überhaupt noch eine Ahnung haben, was Stille der Seele bedeutet … Eingespannt in des Tages Arbeit, reißt einen … die Gesellschaft … in ihre Arme und saugt noch die Kraft des Gemütes weg, der die Arbeit übrig ließ … Und doch lechzt unser ganzes Wesen nach Einsamkeit, nach Stille … Nun heißt’s aber heute nicht nur still werden … über einem Buch oder einem Lied, sondern still werden vor Gott“ (Bonhoeffer, DBW 10, München 1991, S. 479 – 481).  


Fragen zum Nachdenken:

  • Welche Bedeutung hat der Sport für Dich?
  • Welche Sportart favorisierst Du?
  • Welche Bedeutung hat für Dich Dein Körper?
  • Wann, wie und wo findest Du Stille vor Gott?

Lesen wir bis zum Rundbrief September 2021: 
Psalmen 59 - 61; Matthäus-Evangelium, Kapitel 21, die Verse 18 - 22                   

Liebe Grüße,
Euer Obmann Uwe