Die Ideologie des Judenhasses - Antisemitismus damals und heute

Mechthild Podzeit-Lütjen, BA MA (Phil.), Vereinsmitglied

„Das Leben ist nicht ein Sein, sondern ein Werden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung.
Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.“ (Martin Luther)

„Allen [...] Anschauungen ist eines gemeinsam: sie erfassen das Sein als etwas, das mir als Gegenstand gegenübersteht, auf das ich als auf ein mir gegenüberstehendes Objekt, es meinend, gerichtet bin. Dieses Urphänomen unseres bewußten Daseins ist uns so selbstverständlich, daß wir sein Rätsel kaum spüren, weil wir es gar nicht befragen. Das, was wir denken, von dem wir sprechen, ist stets ein anderes als wir, ist das, worauf wir, die Subjekte, als auf ein gegenüberstehendes, die Objekte, gerichtet sind. Wenn wir uns selbst zum Gegenstand unseres Denkens machen, werden wir selbst gleichsam zum anderen und sind immer zugleich als ein denkendes Ich wieder da, das dieses Denken seiner selbst vollzieht, aber doch selbst nicht angemessen als Objekt gedacht werden kann, weil es immer wieder die Voraussetzung jedes Objektgewordenseins ist. Wir nennen diesen Grundbefund unseres denkenden Daseins die Subjekt-Objekt-Spaltung. Ständig sind wir in ihr, wenn wir wachen und bewußt sind.“ (Karl Jaspers. Einführung in die Philosophie, München: Piper, 1953, 24-25)

„Erinnerung ist das Geheimnis der Erlösung.“ (Rabbi Israel Baal Schem-Tow)

Der Judenhass der Kirchenväter von den antiken Anfängen bis in die Gegenwart

„Judenfeindschaft hat eine lange Tradition, deren Wurzeln bis in die Antike zurückreichen. Doch erst mit der Verbindung von Christlicher Theologie und Judenfeindschaft zum Antijudaismus fand letztere Verbreitung über den gesamten Christlich-abendländischen Raum. Seit dem Frühchristentum hatte sich ein negatives Judenbild etabliert, und die verschiedenen antijüdischen Mythen und Klischees, aus denen es sich speiste, prägten die Geisteshaltung.“ (Nach Julia König. 2006. Online. Bundeszentrale für politische Bildung)

„Als frühe Dokumente des kirchlichen Antijudaismus gelten der Barnabasbrief (um 100), Diognetbrief (nach 120) und Dialog mit dem Juden Tryphon (155–160). Sie enthalten erstmals jene Thesen, die später offizielle Kirchenlehren wurden:

  • Gott habe sein zuerst erwähltes Volk verworfen und seine biblischen Verheißungen auf die Kirche übertragen; diese sei nun das ‚wahre Israel‘ (Ersatztheologie).
  • Die Bibel gehöre der Kirche und beweise die Wahrheit ihrer Botschaft wie auch den Irrtum des Judentums.
  • Die jüdische Tora sei durch Gottes ‚neuen Bund‘ überholt und nur noch in allegorischer Deutung gültig.
  • Die Juden seien Gott immer ungehorsam gewesen, so dass alle Schelt- und Fluchreden der Bibel für sie gälten, während alle Verheißungen und Segenszusagen den Christen gälten.

Die fatale Konsequenz der Lehre der Ersatz- oder Substitutionstheologie war, dass den ‚von Gott verworfenen‘ Juden nunmehr auch ein Wohlergehen auf der Erde sowie ein Platz in der Gesellschaft abgesprochen bzw. verwehrt wurde. Ihre vermeintliche himmlische Ausgrenzung sollte auch eine irdische Entsprechung haben.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Antijudaismus Aufruf 2. Januar 2021)

Ich habe das Zitat von Martin Luther (1483-1546) diesem Essay vorangestellt. Daher beginne ich auch mit Dr. Martin Luther. Und gehe nicht chronologisch unserer Zeitachse vor. Denn Martin Luther hat die Bibel übersetzt und auch! aufgrund dieser bahnbrechenden Arbeit die Reformation der Katholischen Kirche bewirkt. 1521 war der Reichstag zu Worms. Dieser jährt sich 2021 zum 500. Mal.

„Zum Terminus Kirchenvater (lateinisch pater ecclesiae) wird ein christlicher Autor der ersten acht Jahrhunderte n. Chr. bezeichnet, der entscheidend zur Lehre und zum Selbstverständnis des Christentums beigetragen hat und deshalb mit dem Ehrentitel Kirchenlehrer ausgezeichnet wurde, und dessen Leben heiligmäßig gillt.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Kirchenvater. Aufruf 2. Januar 2021)

„ ‚Israel ist der Jesus unter den Völkern‘, schrieb der katholische Schriftsteller Jaques Maritain ‚und seine Diaspora in der Christenwelt ist eine lange Via Dolorosa‘. Diese Worte, Résumé der 1934 jährigen Geschichte vom Falle Jerusalems im Jahre 70 bis zur Geburt des 3. Judenstaates im Mai 1948. Nach glaubwürdiger Schätzung wurden bis zum Jahre 1900 an die Sieben Millionen Juden von Christenhand getötet – mehr als Hitlers Schergen im Zweiten Weltkriege umbrachten.

Warum die furchtbaren Opfer?

Man findet die erste Antwort in den Werken der Kirchenväter. ‚Ihr leidet, Euer Land ist wüst, eure Städte zerstört – denn Ihr habt den Heiland getötet!‘ so sagte Justin (100-165) schon im zweiten Jahrhundert. Jahre später prägte Chrysostomus (349-407) den Begriff ‚Gottesmord‘ und erklärte: ‚Die Synagoge ist ein Hurenhaus, eine Lasterstätte, ein Asyl des Teufels, das Versteck unreiner Tiere.‘

Heiliger Augustinus (354-430) verglich das Volk Israel mit Kain: ‚verflucht, heimlos zu wandern über die Erde bis in die Ewigkeit‘.

Und Thomas von Aquin (1225-1274) verdoppelte den Judenfrevel: ‚Sie haben gesündigt nicht nur als Kreuziger Jesu des Menschen, sondern als Mörder Christi, des Gottes.‘

So also begann es. Und wer glaubt, daß die Ausdrücke ‚Jüdische Verschwörung, Judengefahr und Freimaurer-Juden‘ Erfindungen der Hitlerzeit seien, möge die Bände der ‚Civitä attolica‘ studieren. Dieses Organ der italienischen Jesuiten erklärte noch im April 1938: ‚Das Judentum ist eine aufs tiefste verdorbene Religion.‘ Kein Wunder, daß Streicher („der Judenfresser“) sich beim Nürnberger Prozeß am 29. April 1946 auch auf theologische Quellen berief, um seinen Greuel - Antisemitismus zu ‚rechtfertigen‘.“

(Nach Pinchas E. Lapide. DIE ZEIT online. 18. September 1964)

Bis in die Gegenwart dieser Genannten deswegen, weil ihr Erbe nach wie vor hoch gehalten.

„Das Ende ihres Glaubens anschauend, ahmet ihren Glauben nach.“ (Hebr. 13,7)

Wie ist das also mit der Nachahmung?

„Die Kirche bekannte sich zur Lehre der Kirchenväter mit ihren antijüdischen Implikationen! Die von Luther ausgehende Reformation schien nur anfänglich andere Wege zu gehen und ein entspannteres Verhältnis zwischen Christen und Juden einzuleiten. In seinen frühen Schriften hatte Luther zunächst für einen freundlicheren ‚Umgang’ mit den Juden geworben und sich gegen Ritualmordvorstellungen und Zwangstaufen ausgesprochen. Als sich der auf diesem Weg erhoffte Missionserfolg gegenüber den Juden jedoch nicht einstellte und er die Juden nicht für seine neue Lehre zu gewinnen vermochte, kam es zu einer neuen ideologischen Verhärtung der Standpunkte, die in Luthers 1543 publizierter Schrift ‚Von den Juden und ihren Lügen’ Programm wurde. Darin griff Luther sämtliche Verleumdungen des Mittelalters wieder auf und schlug neben der Theologischen Verdammung vor, jüdische Häuser und Synagogen zu verbrennen und das jüdische Schriftgut zu konfiszieren. Solche Gedanken wurden von der protestantischen Orthodoxie ebenso wie vom naiven Volksglauben aufgenommen, finden sich in ähnlicher Weise aber auch weiterhin auf katholischer Seite.“ (Nach Julia König. 2006. Online. Bundeszentrale für politische Bildung)

Wir müssen uns die Bibelübersetzung erneut anschauen. Die Übertragungen der Verse resultieren stets auf dem background der Überzeugung des Übersetzers.

Der Antisemitismus resultiert daher aus falsch übersetzten, übertragenen Bibelstellen.

Zu prüfen ist dies am Symbol der Bibelfälschung, Bibelstellen, die Christen als Rechtfertigung aus Auslegungen zu Handlungen heranzogen. Antisemitisch ist die Übersetzung.

„Taufbeckensemitismus – der religiöse Antisemitismus“ war der Titel einer Rundfunksendung auf Ö1 vom 10.10.2020. Es wurde dargelegt, dass das Neue Testament das judenfeindlichste Buch dieser Erde sei. Zum ‚Gottesmord’ sei richtig zu stellen, wie die Pharisäer Jesus „loswerden“ – es handelt sich um KEINEN Mord! Daher: Antisemitisch die Übersetzung, s.o. Der Terminus Antisemitismus relativ neu, resultiert aus dieser bewusst werdenden Erkenntnis. Die gängige Lehre: Die Juden sind Gottes Volk. Es irrt herum. Als Strafe für den Mord an Gott: wer einen Gott umbringt, muss extrem böse sein.

„Du trägst die Wurzel : die Wurzel trägt dich“: Paulus ist Jude.

Passionsüberlieferung: Pilatus. Matthäus: Blutruf: „sein Blut komme über uns und unsere Kinder.“

Säkulär bedeutet das: Plausibilitäten sind nicht Fakten basierend!

Joh. 4.22: „Das Heil kommt von den Juden“.

Das Schuldthema, auch im Chor von Georg Friedrich Händel: „Messias“: Ans Kreuz mit ihm; er trug unsere Sünden. Mythos des Gottesmordes.

Die, die glauben, tragen Schuld? Was auf der Straße passiert, für das Wirkungsgeschehen tragen die Kirchen Verantwortung! Schuldthema.

Autoritativ muss die Rezeptionsgeschichte sein in den Texten einer reflektierten Hermeneutik. Ich würde hier auf Kognitive Hermeneutik bestehen.

Die Frage bleibt: Warum erst jetzt diese Transkriptionen hinterfragt werden!

Keine Ablösung der Kirche von der Synagoge. Einen 1. Hinweis finden wir bei Melito von Sardes, gest. 180 n. Chr.: „Melito wird eine Homilie zu Ostern Peri pascha zugeschrieben, die in drei Handschriften überliefert ist. Diese weist starke antijudaistische Züge auf. Darin ist erstmals die These vom Gottesmord erwähnt. In den Ausführungen über Israels Auszug aus Ägypten wird dessen Schuld am Tode Jesu zum mythologischen Weltverbrechen erklärt:

‚Hört es, alle Geschlechter der Völker, und seht es: Ein nie dagewesener Mord geschah in Jerusalem … der, der das All festgemacht hat, ist am Holz festgenagelt worden! Gott ist getötet, der König Israels ist durch Israels Rechte beseitigt worden!‘

Daraus erklärte er das gegenwärtige Leiden der Juden nach ihrer Zerstreuung im Römischen Reich.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Melito von_Sardes. Aufruf 4. Januar 2021)

Origines stand in der alexandrinischen Tradition der allegorischen Auslegung.

Abraham a Sancta Clara

Ich gehe jetzt auf einen Katholischen Geistlichen ein. Der in Kirchenkreisen anerkannt als begnadeter Prediger. Dieser aber nicht den Kirchenvätern zuzuzählen ist. Und weil sein Name nach wie vor prominent besetzt aber er zu den Judenhassern par excellence  gehört, ist es meine Pflicht, ihn hier vorzustellen. (Die Aufzeichnung basiert auf einem Vortrag am 16. November 2010 von Dr. Utz Podzeit: „Pfuy, schämt euch, ihr Juden!“ Abraham a Sancta Clara, 1644-1709, und die Irrtümer des Antijudaismus. Literatur: Loidl; Wistrich; Hollander)

Des weiteren steht sein Denkmal in Lebensgröße, im Anschluss an Augustinerkirche, Albertina vor dem dortigen Eingang des Burggartens. Es ist an der Zeit, dort zumindest eine Tafel anzubringen, die Menschen über seine Vergehen aufklärt! (Hanuschgasse 3, 1010 Wien. Auf Wikipedia wird mit keinem Wort seine Judenhetze erwähnt)

Abraham a Sancta Clara, der 1644 als Johann Ulrich Megerle im heutigen Kreenheinstetten geboren wurde, gilt als der bedeutendste katholische Prediger der Barockzeit. 1662 trat er im Kloster Maria Brunn bei Wien in den Orden der Augustiner-Barfüßer ein und nahm den Namen Abraham a Sancta Clara an. 1666 wurde er in Wien zum Priester geweiht. In Wien predigte er bis 1672 in fast allen Kirchen und Klöstern gegen die Laster der Zeit, gegen Völlerei, Trunksucht und Habgier und ermahnte seine Zuhörer zu einem Leben nach christlichen Grundsätzen. Gerne hörten ihm die Menschen bei seinen Predigten zu, denn der Stil P. Abrahams war durchaus auch unterhaltsam, wenn er etwa seine deftigen und satirischen Wortspiele eingefügt hat. Kaiser Leopold I. ernannte Abraham a Sancta Clara am 28. April 1677 zum Subprior und Hofprediger. Von da an verkehrte er in vornehmsten Kreisen, wobei er seine guten Beziehungen für soziale Werke nutzte.

Man beschrieb seine Predigertätigkeit in vielfacher Weise: so war er ein gelehrter und berühmter Hofprediger, ein gefeierter, flammender, redegewaltiger und leidenschaftlicher Augustiner Hofprediger in Wien. Er war der kaiserliche Hofprediger nächst dem nachmaligen reformierten Bethaus in der Dorotheergasse. Mit einem Wort: er war des Kaisers berühmter Hofprediger.

„Die Zitate über die Juden habe ich aus der Sekundärliteratur von Zeitgeschichtlern, Judaisten, Theologen und anderen Wissenschaftlern gesammelt, wie Peter Pulzer, Erika Weinzierl, Robert A. Kann, Werner Welzig, Karl Bertsche, Kurt Schubert, Friedrich Heer, und andere.“ (Der Vortragende Dr. Utz Podzeit)

Eigenschaften „der Juden“

  •  „Die Juden stinken.“ Sie sind stinkende Knoblauch- und Zwiebelmäuler. die Juden müssen Blut der Christen allezeit bei sich tragen, da sie sonst so hässlich, garstig und abscheulich stinken, dass keiner bei dem andern vor Gestank bleiben kann.
  • „Die Juden sind Diebe.“ Sie sind Diebe, Wucherer, Betrüger, Münzfälscher, Zinswucherer, geldsüchtiges und wucherisches Gesindel, Geizhälse, und geldgierig.
  • „Die Juden sind tugendlos.“ Sie sind unehrlich, boshaft, treulos, ehrlos, lasterhaft, Betrüger, Eidbrecher, übelste Missetäter, verbrecherisches Gesindel, verruchte Bösewichte, und ein verruchtes Gesindel.

„Die Juden“ aus religiöser Sicht

  • „Die Juden sind gottlos.“ Sie sind gottlose Hebräer und gottlose Juden, sie sind der Abschaum der Gottlosen. Sie sind Gotteslästerer und gewissenlos. Juden sind heillos.
  • „Die Juden sind von Gott verflucht.“ Denn die Juden sind der Abschaum der Glaubenslosen, sie leben im Irrglauben, sie suchen den Himmel „außerhalb des rechten seligmachenden Glaubens“, die Juden glaubten zwar, aber nicht, was sie sollen. Sie sind von Gott verflucht.
  • Die Juden sind ein ehedem auserwähltes Volk.

„Die Juden“ als Gottesmörder und Feinde

  • Die Juden sind „Gottes Sohnes Mörder“.
  • Juden sind „die erklärten Feinde der Christenheit“. Sie sind die größten Feinde der Christen neben Satan, sie werden daher zu Recht verfolgt. Sie sind die schlimmsten Feinde der Christenheit.

„Die Juden“ als  Hostienschänder

  • Die Juden sind Hostienschänder.

Für Abraham a Sancta Clara war es eine Tatsache, dass Juden das Altarsakrament schänden. Er stellte die Juden so dar, als ob sie Hostien mit Messern und Pfriemen durchstechen würden, sodass viel Blut hin und her rinnt. Er berichtet davon, dass die Hebräer Hostien in Paris im Jahre 1290 auf einem glühenden Rost gebraten hätten, dass sie es in Böhmen mit Messern verwundet und in Nürnberg in einem Mörser zerstoßen hätten. Auch die bloße Konsumation einer Hostie durch einen Juden betrachtete Abraham a Sancta Clara als Hostienschändung.

„Die Juden“ als Ritualmörder

  • Die Juden sind Ritualmörder.

Die Juden waren bevorzugte Opfer von Ritualmordbeschuldigungen. Schon in alter Zeit gab es Vorwürfe, dass sie anlässlich ihrer religiösen Feste Menschen rituell töten. So soll im Tempel von Jerusalem jährlich ein Grieche geopfert worden sein (Maier 2001: 362). Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts wird in Legenden verbreitet überliefert, dass Juden in der Osterzeit an christlichen Knaben Leiden und Tod Christi wiederholen. Ab dem 12./13. Jahrhundert führten solche fiktive Beschuldigungen zu Massenverfolgungen und Massakern an Jüdinnen und Juden (Schoeps 2000: 708). Die Ritualmordbeschuldigungen hielten sich auch in den folgenden Jahrhunderten am Leben. Kurt Schubert weist darauf hin, dass Abraham a Sancta Clara „von der Ritualmordbeschuldigung überzeugt (war), denn die Juden haben Christenblut notwendig und gebrauchen es auch“. Sie benötigen es für Rituale, Speisen, Getränke und auch gegen den stinkenden Körper.

„Die Juden“ als Verursacher der Pest

  • Die Juden sind die Verursacher der Pest.

Die Behauptung, dass die Juden gemeinsam mit Hexen und Totengräbern für den Ausbruch der Pest verantwortlich seien, hat Abraham a Sancta Clara in seinem Werk ‚Mercks Wien‘ im Pestjahr 1679 veröffentlicht. Dort finden wir wörtlich:

„Gar oft ein Gelehrter disputierte ganz sinnreich, von wem doch solche Pest herrühre, zumahlen bekannt ist, dass dergleichen Pestilenzische Seuch durch die bösen Feind, durch die Juden, durch die Totengraber, auch durch die Hexen verursacht worden.“

(In: Merks Wien 99, Huy u. Pfuy 105; Schubert 2003: 136; Heer 1998: 80; Weinzierl 1970: 484; Loidl 1941: 19; 30n79)

Und in seinem Werk „Huy und Pfuy“ schreibt Abraham a Sancta Clara:

„Dieses Gott sehr missfällige Gesind [‚Gesind‘] sei schon in früheren Zeiten Ursache der Pest gewesen. Habe man diese Schelmen [‚Schelmen‘] davongejagt, dann habe auch die Pest aufgehört.“ (In: Huy u. Pfuy; Loidl 1938: 291)

„Solche irreführenden Behauptungen zeigten in der Folge, wie man sich denken kann, furchtbare Wirkungen. Sie führten zu Judenvertreibungen und –Ermordun­gen. Der chilenische Historiker Victor Farias weist darauf hin, dass Abraham a Sancta Clara ‚die Verbrennung von Juden als angebliche Urheber der damals grassierenden Pest’ für gerechtfertigt hielt.“ (Sendungsbewusstsein ohne Schuldeinsicht. Deutscher Geist. Zwei Neuerscheinun­gen zum Fall Heidegger. Von Michael Hauer; in: DIE ZEIT, 27.01.1989 Nr. 05)