Andacht 2025-10-31 Die Welt neu denken
Begrüßung: Ich grüße Euch und Sie sehr herzlich zur Hausandacht für den Reformationstag am 31. Oktober 2025. Wir lesen diese mit dem Vertrauen, dass Gott uns seine Liebe im Namen Jesu umsonst zuspricht und schenkt und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Lied: Such, wer da will, ein ander Ziel, Evangelisches Gesangbuch 346, die Strophen 1, 3 + 4: 
Strophe 1: Such, wer da will, ein ander Ziel, die Seligkeit zu finden; mein Herz allein bedacht soll sein, auf Christus sich zu gründen. Sein Wort sind wahr, sein Werk sind klar, sein heilger Mund hat Kraft und Grund, all Feind zu überwinden.
Strophe 3: Ach sucht doch den, lasst alles stehn, die ihr das Heil begehret; er ist der Herr, und keiner mehr, der euch das Heil gewähret. Sucht ihn all Stund von Herzensgrund, sucht ihn allein; denn wohl wird sein dem, der ihn herzlich ehret.
Strophe 4: Meins Herzens Kron, mein Freudensonn sollst Du, Herr Jesu, bleiben; lass mich doch nicht von deinem Licht durch Eitelkeit vertreiben; bleib du mein Preis, dein Wort mich speis, bleib du mein Ehr, dein Wort mich lehr, an dich stets fest zu glauben. 
Lesung aus dem Evangelium nach Matthäus, Kapitel 5, die Verse 1 bis 10 Lutherbibel 2017 / Jesus Christus hat die Welt neu gedacht und dieser mit seinen Seligpreisungen eine neue Ordnung gegeben: Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg. Und er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. Amen.
Gedanken zum Reformationstag: 2020 erschien das Sachbuch „Unsere Welt neu denken. Eine Einladung“. Es wurde 270.000 mal verkauft und in mehrere Sprachen übersetzt. Geschrieben hat dieses Buch Maja Göpel. Sie ist eine deutsche Ökonomin und berät auch die deutsche Bundesregierung. Sie plädiert in ihrem Buch für ein zukunftsorientiertes Denken, für das neues und immer größeres Wachstum nicht mehr zentral sind. Sie meint, dass aufgrund der vielen wirtschaftlichen, militärischen und ökologischen Krisen und Konflikte in der Welt ein Weitermachen wie bisher letztendlich ein tödlicher Fortschritt werden könnte. Wir leben in einer Zeit, in der sich unser Leben verändert. Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und auch im eigenen Leben gab es zu allen Zeiten. Die einen sind neugierig und auch bereit für eine neue Zukunft mit Veränderungen. Andere haben eher Ängste und wollen, dass alles so bleibt, wie es ist oder wie es früher einmal war. Zur Zeit Luthers stand die Welt vor großen Umbrüchen und Veränderungen. Es gab eine mediale Revolution. Der Buchdruck wurde erfunden. Luthers Schriften und auch die Bibel konnten gedruckt und unter die Leute gebracht werden. Mit der Entdeckung des amerikanischen Kontinents durch Kolumbus entstand für die Europäer eine völlig neue geopolitische Situation. Martin Luther hat auch die Welt neu gedacht, indem er das bisherige Glaubensverständnis und das Gottesbild seiner Zeit in Frage gestellt hat. Luther und auch andere seiner Zeitgenossen fragten nach neuen Sicherheiten und Gewissheiten. Martin Luther formulierte das so: Wie werde ich selig? Wie bekomme ich einen gnädigen Gott, einen, der mich gütig, liebevoll ansieht? Und was kann und muss ich dafür tun? Luther hat nach langem Nachdenken und innerem Ringen eine neue, ja revolutionäre Antwort gefunden. Seine Antwort bestand aus einem einzigen Wort: Nichts! Nichts können wir dafür tun, dass wir selig werden. Wir können und müssen nichts dafür tun, dass Gott uns gütig und liebevoll ansieht. Es ist allein Gottes Liebe und sein Erbarmen, die uns und unser Leben selig machen. Diese Liebe Gottes können wir nicht erkaufen und nicht verdienen, auch wenn wir uns noch so sehr bemühen und abmühen, ein guter Mensch zu sein. Ja, nicht einmal dann, wenn wir immer und jederzeit all das tun würden, was in den Seligpreisungen beschrieben ist, die wir heute als Lesung gehört haben. Gottes Liebe gibt es gratis - allein im Glauben und im Vertrauen auf Jesus Christus. Diese Erkenntnis war es, die Martin Luther damals sehr glücklich machte. Diese Erkenntnis eröffnet auch uns Menschen eine neue Freiheit, die Welt verantwortlich mit Frieden und Liebe zu gestalten. Während die Menschen zur Zeit Luthers danach strebten, die Welt zu erobern und diese sich untertan zu machen, geht es heute eher darum, dass wir uns eine neue Haltung gegenüber der Welt überlegen und umsetzen müssen. Es ist eine Haltung, in der wir uns nicht als ein feindliches Gegenüber zum Rest der Welt verstehen, sondern als ein fürsorglicher Teil in Gottes Schöpfung. Martin Luther beschrieb die Rolle und Aufgabe der Menschen in der Schöpfung erstaunlich aktuell. Für ihn sind wir Menschen Kooperationspartner und Mitarbeitende Gottes. Woran sollen wir uns orientieren, wenn wir gute Kooperationspartner und Mitarbeitende Gottes sein wollen? Wir sollen uns - wie Martin Luther gelehrt hat - an der Heiligen Schrift orientieren, zum Beispiel an die Seligpreisungen Jesu. Denn diese denken das Leben neu. Jesus stellt Barmherzigkeit und Liebe, Gerechtigkeit und Frieden in das Zentrum unseres Lebens. Entscheidend ist nicht, was wir sind oder haben, auch nicht, was wir leisten können. Unser Leben hat allein seinen festen Grund in der Liebe Gottes. Selig ist, wer Gottes Liebe annimmt, sich von ihr verwandeln lässt und sich mit ihr neu ausrichtet und orientiert. Wer sich von Gott geliebt, angenommen und anerkannt weiß, hat ein starkes Fundament für das eigene Leben mit Vertrauen zu Gott und zum Leben an sich. Wer mit dem Vertrauen lebt, von Gott geliebt zu sein, wird frei von dem Zwang oder der Versuchung, sich selbst behaupten und durchsetzen zu müssen, wird auch frei davon, jemand sein zu müssen. Wer mit dem Vertrauen lebt, von Gott geliebt zu sein, wird auch frei dazu, die eigenen Stärken, Fähigkeiten und Begabungen zur Ehre Gottes und zum Wohl der Mitmenschen einzusetzen. Entscheidend dabei ist, dass der Glaube und das Vertrauen auf Gott nicht Taten fordern, sondern dass wir durch den Glauben an Gott von ganz allein zu solchen Menschen werden, die Gottes Liebe an andere weitergeben. Gerechtfertigt und selig sind oder werden wir, wenn wir fest darauf vertrauen, dass Gott in Jesus Christus aus Liebe alles für uns tut und alles für uns gibt. Gerechtfertigt und selig sind oder werden wir, wenn Gottes Liebe durch uns hindurch zu anderen weiterfließt und weiterströmt. Wir werden dann zu Menschen, denen nicht nur der eigene Seelenfriede, sondern auch der Friede zwischen anderen Menschen am Herzen liegt. Durch Gottes Liebe werden wir zu Menschen, die die Welt zum Positiven verändern und neugestalten können. Die Welt immer wieder mit Frieden und Liebe neu zu denken zur Ehre Gottes und zum Wohle der Welt und der Menschen – das ist auch eine bleibende Erkenntnis und ein bleibendes Vermächtnis der Reformation. Amen.
Lied: Ein feste Burg ist unser Gott, Evangelisches Gesangbuch 362, die Strophen 1 – 4 / Text und Melodie stammen von Martin Luther
Strophe 1: Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind, mit Ernst er's jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.
Strophe 2: Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren; es streit' für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott; das Feld muss er behalten.
Strophe 3: Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen. Der Fürst dieser Welt, wie sau‘r er sich stellt, tut er uns doch nicht; das macht, er ist gericht': Ein Wörtlein kann ihn fällen.
Strophe 4: Das Wort sie sollen lassen stahn und kein Dank dazu haben; er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist und Gaben. Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib: lass fahren dahin, sie haben‘s kein Gewinn, das Reich muss uns doch bleiben.
Fürbitten: Guter Gott! Du weißt, wie oft wir uns in unserem Leben verrennen. Wir wollen toll, gut und schön sein. Wir wollen die anderen und auch Dich beeindrucken. Du aber siehst in unser Herz und weißt, wie sehr wir uns nach einem guten Wort, nach Liebe und Trost sehnen. Tröste und ermutige uns, wenn wir an unserer eigenen Unvollkommenheit verzweifeln, wenn unsere Niederlagen und unser Schwachsein uns erdrücken. Lass uns spüren: Deine Liebe trägt uns in allem, durch unsere Erfolge und durch unser Scheitern hindurch zu dir. Wir bitten Dich besonders für unsere Kinder und Jugendlichen. Manche von ihnen stehen unter so großem Druck, dass sie zu zerbrechen drohen. Lass gute Menschen um sie sein! Öffne ihr Herz für Dich und Deine Liebe! Wir bitten Dich für alle, die unter den Lasten des Lebens leiden. Schenke ihnen Zeiten der Ruhe, für sich selbst und für Dich. Wir bitten Dich für alle, die Dein Wort verkünden: Gib ihnen Mut, Zuversicht und Barmherzigkeit. Wir bitten Dich für Deine Kirche bei uns und auf der ganzen Welt: Lass sie sich immer an Deiner Liebe ausrichten. Schenke ihr Vertrauen zu Dir. Wir bitten Dich für alle Christen, die ihren Glauben nicht frei leben können. Lass sie spüren, dass Du bei ihnen bist. Wir denken an alle, die krank sind, die unter Schmerzen leiden, die im Sterben liegen: Sei Du mit all Deinen guten Engeln bei ihnen. Lass sie genesen, und wenn die Zeit ihres Sterbens kommt, dann schenke ihnen einen sanften und ruhigen Tod. Lass uns in allem, was kommt, auf Dich und Deine grenzenlose Liebe vertrauen. Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Reformationstag mit dem Vertrauen, dass Gott uns seine Liebe im Namen Jesu umsonst zuspricht und schenkt. Es segne Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist! Amen.
Herzliche Grüße, Ihr und Euer Pfarrer und Obmann Uwe
