Andacht 2024-12-31 Gott ist bei uns
Uwe Träger, Obmann
Begrüßung: Ich grüße Euch und Sie sehr herzlich zu dieser Hausandacht für Silvester 2024. Wir lesen diese im Namen des Gottes, der uns in Jesus als gute Macht begegnet, stärkt und tröstet und daher im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Lied: Bisher hat mich Gott gebracht, Evangelisches Gesangbuch 329, die Strophen 1 - 3
Strophe 1: Bis hierher hat mich Gott gebracht durch seine große Güte, bis hierher hat er Tag und Nacht bewahrt Herz und Gemüte, bis hierher hat er mich geleit', bis hierher hat er mich erfreut, bis hierher mir geholfen.
Strophe 2: Hab Lob und Ehr, hab Preis und Dank für die bisher'ge Treue, die du, o Gott, mir lebenslang bewiesen täglich neue. In mein Gedächtnis schreib ich an: Der Herr hat Großes mir getan, bis hierher mir geholfen.
Strophe 3: Hilf fernerhin, mein treuster Hort, hilf mir zu allen Stunden. Hilf mir an all und jedem Ort, hilf mir durch Jesu Wunden. Damit sag ich bis in den Tod: Durch Christi Blut hilft mir mein Gott; er hilft, wie er geholfen.
Psalm 121 nach der Lutherbibel von 2017: Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht. Der Herr behütet dich; der Herr ist dein Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts. Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit! Amen.
Predigt über das Lied „Von guten Mächten“, Evangelisches Gesangbuch 65, die Strophen 1 – 7: Es ist der 19. Dezember 1944. Dietrich Bonhoeffer, evangelischer Theologe, Pfarrer und Christ im Widerstand gegen die Nazis, ist im berüchtigten Gestapo-Gefängnis in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße mitten im Regierungsviertel inhaftiert und schreibt seinen letzten erhaltenen Brief an seine Verlobte Maria von Wedemeyer. Am Ende steht sein Weihnachtsgruß an sie, Eltern und Geschwister. Es sind Verse, die zu den berühmtesten Worten Bonhoeffers werden sollten und sind auch sein letztes theologische Dokument. Es ist sein Gedicht „Von guten Mächten“, das er also vor 80 Jahren geschrieben hat. Er schreibt: „Ich bin froh, daß ich Dir zu Weihnachten schreiben kann … Es werden sehr stille Tage in unseren Häusern sein … je stiller es um mich herum geworden ist, desto deutlicher habe ich die Verbindung mit Euch gespürt … Es ist ein großes unsichtbares Reich, in dem man lebt und an dessen Realität man keinen Zweifel hat. Wenn es im alten Kinderlied von den Engeln heißt: ‚zweie die mich decken, zweie, die mich wecken, so ist diese Bewahrung am Abend und am Morgen durch gute unsichtbare Mächte etwas, was wir Erwachsene heute nicht weniger brauchen als die Kinder … Es ist nun fast 2 Jahre, daß wir aufeinander warten, liebste Maria. Werde nicht mutlos! … Hier noch ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen. Sie sind der Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister … [Es folgen die 7 Strophen seines Gedichtes]: Strophe 1: „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“ Strophe 2: „Noch will das alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Tage schwere Last. Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen das Heil, für das du uns geschaffen hast.“ Strophe 3: „Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand.“ Strophe 4: „Doch willst du uns noch einmal Freude schenken an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz, dann wolln wir des Vergangenen gedenken, und dann gehört dir unser Leben ganz.“ Strophe 5: „Laß warm und hell die Kerzen heute flammen, die du in unsre Dunkelheit gebracht, führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen. Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.“ Strophe 6: „Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet, so laß uns hören jenen vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet, all deiner Kinder hohen Lobgesang.“ Strophe 7: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiß an jedem neuen Tag … Sei mit Eltern und Geschwistern in großer Liebe und Dankbarkeit gegrüßt. Es umarmt Dich Dein Dietrich.“ (Quelle: Brautbriefe Zelle 92. Dietrich Bonhoeffer, Maria von Wedemeyer 1943 – 1945, München 1992, S. 208 – 210). Bonhoeffer und seine Verlobte haben nicht heiraten können. Er wurde nämlich am 9. April 1945 im bayerischen Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazis ermordet. Im letzten Sommer war ich dort und stand an seiner Hinrichtungsstätte. Seine Verlobte Maria von Wedemeyer arbeitete und lebte nach dem Krieg in den USA, war dort zweimal verheiratet und starb dort 1977 im 54. Lebensjahr. Sie wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Bonhoeffers privates Gedicht, sein persönlich adressierter Weihnachts- und Neujahrswunsch, steht auch in seinem berühmten Buch „Widerstand und Ergebung“ und auch im evangelischen Gesangbuch und im katholischen Gotteslob. Das vertonte Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ gehört zu den beliebtesten und bekanntesten Kirchenliedern. Die bekanntesten Vertonungen dieses Gedichtes sind die des Kirchenmusikers Otto Abel und des christlichen Liedermachers Siegfried Fietz. Es wird geschätzt von Evangelischen und Katholiken, von Konfessionslosen und von Menschen anderer Religionen. Es ist ein Zeugnis christlicher Existenz, das es in dieser Art und Weise nicht oft in unserer Zeit gibt. Es ist die Einfachheit der Sprache, die uns in Grenzsituationen unseres Lebens trösten sollen. Alle Worte strahlen trotz vieler Anspielungen auf dunkle und böse Erfahrungen der letzten Lebensjahre Bonhoeffers Ruhe, Wärme und Zuversicht aus. Das berührt Menschen und macht die Tiefe des Gedichtes aus. Viele Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart können sich mit ihren Lebenserfahrungen darin wiederfinden. Je größer die Herausforderungen und Bedrohungen in unserer Welt sind, desto gefestigter muss der innere Widerstand in unserem Herzen sein. Wir brauchen Orientierung, Geborgenheit und Vertrauen, sonst können wir den Herausforderungen unseres Lebens nicht standhalten, und schon gar nicht in Zeiten mit den vielen Krisen und Konflikten an der Schwelle zum neuen Jahr. Auf der einen Seite erklingen im Gedicht unüberhörbar bedrohliche und traurige Situationen: Angst, die schwere Last, die aufgeschreckten Seelen, die gequälten Herzen. Aber das alles steht nicht im Vordergrund, sondern der getröstete, ruhige und hoffnungsvolle Blick in eine neue, heilvolle und gute Zukunft. Nicht nur in dieser neuen, heilvollen und guten Zukunft, sondern jetzt schon sind wir von guten Mächten treu und still umgeben, sind wir jetzt schon von guten Mächten wunderbar geborgen. Wer sind die guten Mächte? Bonhoeffer erinnert in seinem Brief an seine Verlobte an ein altes Kinderlied, in dem von der Bewahrung durch gute unsichtbare Geister die Rede ist, die wir Erwachsenen genauso brauchen wie die Kinder. In diesem Zusammenhang spricht er von einem großen unsichtbaren Reich, in dem man lebt. Man ist verbunden mit denen, die physisch abwesend sind, aber in unseren Gedanken, Herzen und Erinnerungen ganz nahe sind. Dazu gehören Eltern, Familie und Freunde, aber auch Gebete und Fürbitten, gute Gedanken und Bibelworte, vergangene Gespräche, Musikstücke und Bücher. Das Wort Gott erwähnt Bonhoeffer nur in der letzten Strophe seines Gedichtes: Gott ist bei uns. Das heißt mit den Worten des Gedichtes: Gott hat uns geschaffen, damit wir sein Heil empfangen und heil werden an Körper, Geist und Seele. Gottes Licht scheint in der Dunkelheit der Welt und des eigenen Lebens. Der volle Klang von Gottes neuer Welt mit dem ewigen Frieden weitet sich unsichtbar um uns aus und verschlingt den Klang der gegenwärtigen Welt mit ihrer Friedlosigkeit. Gott schickt die guten Mächte in unser Leben, damit sie uns auf vielfältige Weise und immer neu trösten und stärken. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen, also am Abend nach den Mühen des Tages und am Morgen, wenn der Alltag wieder kommt. Gott ist bei uns an jedem neuen Tag, an dem Tag, der auf den heutigen folgt und auch an dem Tag, der auf den letzten Tag unseres Lebens folgt. Mit all diesen Gewissheiten können wir uns getrost auf den Weg in das neue Jahr wagen. Amen.
Gebet: Lasst uns am Ende des Jahres mit den Worten eines Dankgebetes beten! Guter Gott! Ich danke dir für das vergangene Jahr, für alles, was mir geschenkt worden ist, für alle guten Mächte, die mich begleitet, gestärkt und getröstet haben, aber auch für das Mühsame, das mich gefordert hat und an dem ich gewachsen und gereift bin. Ich danke für Menschen, die mich auf meinem Weg begleitet haben, die mit mir gelacht und gegessen, gespielt und gearbeitet haben, die mich getragen und ertragen und mit mir das Leben geteilt haben. Ich danke für viele bereichernde Erlebnisse, für die Kraft zum Durchhalten, für die Zeiten der Ruhe und Erholung, für den Klang der Musik und für gute Worte, für die faszinierenden Wunder der Natur und die unterschiedlichen Farben der Jahreszeiten. Ich danke für alles, was ich tun konnte, und für die Erfahrung, dass du mit mir auf dem Weg warst und bist, auch wenn ich das nicht immer so gespürt habe. Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Lied: Großer Gott, wir loben Dich, Evangelisches Gesangbuch 331, die Strophen 1+10+11
Strophe 1: Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.
Strophe 10: Alle Tage wollen wir dich und deinen Namen preisen und zu allen Zeiten dir Ehre, Lob und Dank erweisen. Rett aus Sünden, rett aus Tod, sei uns gnädig, Herre Gott!
Strophe 11: Herr, erbarm, erbarme dich. Lass uns deine Güte schauen; deine Treue zeige sich, wie wir fest auf dich vertrauen. Auf dich hoffen wir allein: lass uns nicht verloren sein.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen schönen und friedlichen Silvesterabend und einen guten Start in das neue Jahr an der Hand des Gottes, der uns in Jesus als gute Macht begegnet, stärkt und tröstet. Es segne Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Herzliche Grüße, Euer/ Ihr Pfarrer und Obmann Uwe