Andacht 2024-10-31 Der Weg des Gottvertrauens
Uwe Träger, Obmann
Begrüßung: Ich grüße Euch und Sie sehr herzlich zu dieser Hausandacht für den Reformationstag am 31. Oktober 2024. Wir lesen diese mit dem Vertrauen, dass Gott uns seine Liebe im Namen Jesu umsonst zuspricht und schenkt und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Morgensegen von Martin Luther: Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist! Amen. Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitte dich, du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, dass dir all mein Tun und Leben gefalle. Denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.
Lied: „Er weckt mich alle Morgen, Evangelisches Gesangbuch 452, die Strophen 1, 3 + 5 – Martin Luther hat herausgestellt, dass das Wort Gottes, wie es uns die Bibel bezeugt, für einen Christenmenschen maßgeblich sein soll. Die drei Strophen des Liedes verdeutlichen dies.
Strophe 1: Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr. Gott hält sich nicht verborgen, führt mir den Tag empor, dass ich mit seinem Worte begrüß das neue Licht. Schon an der Dämmrung Pforte ist er mir nah und spricht.
Strophe 3: Er will, dass ich mich füge. Ich gehe nicht zurück. Hab nur in ihm Genüge, in seinem Wort mein Glück. Ich werde nicht zuschanden, wenn ich nur ihn vernehm. Gott löst mich aus den Banden. Gott macht mich ihm genehm.
Strophe 5: Er will mich früh umhüllen mit seinem Wort und Licht, verheißen und erfüllen, damit mir nichts gebricht; will vollen Lohn mir zahlen, fragt nicht, ob ich versag. Sein Wort will helle strahlen, wie dunkel auch der Tag.
Lesung: Matthäus–Evangelium, Kapitel 16, die Verse 13 – 20 nach der Lutherbibel 2017 - Martin Luther sprach von „Solus Christus“. Er will damit ausdrücken, dass nur in Jesus Christus allein das wahre Heil zu finden ist.
Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei? Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. Da gebot er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei. Amen.
Gedanken zum Reformationstag: Besonders junge Leute, die noch ihr ganzes Leben vor sich haben, träumen davon, dass sie glücklich und zufrieden leben können und vielleicht auch berühmt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, benutzen sie auch die Medien Internet, YouTube, Instagramm, TikTok und WhattsApp. Dort sehen und hören sie viele andere junge Menschen, die gut aussehen, die einen attraktiven Körper haben, die modisch mit Markensachen gekleidet sind, die anscheinend nur an der Sonnenseite des Lebens stehen. Sie sehen und hören dort auch sogenannte Influencer. Das sind Leute, die Videos und Bilder in sozialen Medien posten, um dann sogenannte Follower, also Anhänger und Sympathisanten, an ihrem Leben und ihren Ideen teilhaben zu lassen. Je größer die Anhängerschaft wird, desto dicker wird auch ihre Brieftasche. Viele Influencer werden dann auch zu Vorbildern für junge Leute, denn ihre Bilder und Videos wirken so harmonisch, so toll, als ob alles schon immer zusammengepasst hätte. Junge Leute stehen dann vor dem Spiegel und überlegen, wie sie auch so erfolgreich, so toll, so schön und so berühmt wie diese werden können. Aber so sehr sie sich auch bemühen, sie werden dann doch nicht die Influencer, die andere gut und toll finden. Sie bleiben dann bewusst oder enttäuscht auf dem Boden der Tatsachen mit dem, was ihre Person und Persönlichkeit ausmacht. Unsere Zeit ist sehr stark von diesen Influencern geprägt. Sie zeigen ihre tolle Welt, in der alles gut ist. Aber diese tolle Welt ist ein Irrtum und endet meist in eine Sackgasse mit Frust und Enttäuschungen und setzten junge Leute oft enorm unter Druck. Die gut gemeinten Ratschläge der Erwachsenenwelt, wie zum Beispiel „Du bist doch gut so, wie du bist!“, scheitern. Denn ihre Sehnsucht, dem Ideal zu entsprechen, sportlich, attraktiv und beliebt zu sein, ist zu groß. Viele junge Leute versuchen dann, wenigstens ein bisschen von der schönen tollen Welt vieler Influencer zu erhaschen. Sie erfahren aber auch, dass unsere Welt oft unbarmherzig ist. Sie hören oft nicht: „Schön, dass du da bist!“, sondern: „Du nicht! Du gehörst nicht dazu!“ Das hören aber auch oft Erwachsene und gestandene Leute. Politiker und Wirtschaftsbosse zum Beispiel stehen oft stark unter Druck, ja keinen Fehler zu machen. Dabei wissen diese, dass dies unmöglich ist. Um mögliche Fehler zu vertuschen, wird die Arbeitsdevise mit einem Lächeln ausgesprochen und ausgestrahlt: „Ich schaffe das schon!“ Doch wenn sie einmal eine Sache nicht schaffen, dann verschwinden sie schnell von der Bildfläche und werden vergessen. Sie treten dann zurück und eine andere Person tritt an ihre Stelle. Dabei wäre es viel wichtiger zu sehen, wie dann ein Politiker oder ein Wirtschaftsboss mit seinem Fehler umgeht. Schafft er es, aus dem Scheitern heraus etwas zu lernen und einen neuen Weg einzuschlagen? Doch das ist oft nur ein Wunsch und geht an der Realität vorbei. So kann aber oft nichts Gutes, nichts Neues entstehen und eine große Mauer zwischen Politikern und der Bevölkerung entsteht. Junge Leute, Politiker, Wirtschaftsbosse und Menschen aus anderen Berufen müssen immer dem Ideal entsprechen, fehlerlos und makellos sein. Das aber ist unmenschlich und unbarmherzig. „Wie finde ich gnädige Menschen, die es gut mit mir meinen?“ Diese Frage stellen sich viele Zeitgenossen. Martin Luther kennt auch diesen Druck, keine Fehler machen zu wollen, Fehler, die ihm zum Verhängnis werden können. Er sucht nicht nur Menschen, die es gut mit ihm meinen und gnädig zu ihm sind. Er sucht vielmehr und vor allem einen gnädigen Gott, denn Gott erlebt er in seiner Zeit und in seiner Kirche als einen grausamen, harten und unbarmherzigen Gott. Luther spürt und erlebt, dass er Gottes Gebote und Worte nicht halten kann und kommt dann zum Ergebnis: „Ich schaffe das nicht!“ Das hört er auch von anderen Menschen seiner Zeit, die unter einem vermeintlich grausamen und unbarmherzigen Gott leiden. In der Sprache der Bibel heißt das: Luther schafft es nicht, vor Gott gerecht zu sein. Luther strengt sich an und setzt sich immer mehr unter Druck und versucht, sich gerecht vor Gott zu machen. Er betet. Er fastet. Er arbeitet mehr als die anderen. Doch es will und will ihm nicht gelingen und er fängt an, Gott zu hassen. Doch seine Sehnsucht ist so groß und bleibt in seinem Herzen, dass er nicht aufgibt. Er liest immer wieder in der Bibel und entdeckt einen Satz aus dem Brief des Apostels Paulus an die christliche Gemeinde in Rom: „Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch allein aufgrund des Glaubens gerecht ist – unabhängig davon, ob er das Gesetz befolgt.“ (Römer Kapitel 3, Vers 28). Eines Tages versteht er: Gottes Gerechtigkeit ist nicht das, was er von uns Menschen fordert, sondern das, was er uns aus Liebe schenkt. Nicht wir sollen gerecht sein und dann zu Gott kommen. Nein, umgekehrt: Er macht uns gerecht. Er macht uns richtig und gut, und dann können wir frei leben. Für Luther ist das eine innere Revolution. Er fühlt sich wie neu geboren. Luther predigt von nun ab den Weg des Vertrauens, den Weg des Gottvertrauens. Er lädt alle Menschen ein, mich und dich, an Jesus Christus zu glauben und das Leben Gott anzuvertrauen. Denn Gott liebt dich. Er liebt dich, obwohl du Fehler machst, Schuld auf deiner Seele liegt und du oft nicht so handelst, wie du es tun solltest. Er liebt dich auch, wenn du scheiterst. Der Weg des Vertrauens heißt: Gib dich ganz in Gottes Hände, denn Gott ist dir doch schon ganz nah. Vergiss alles, was du an bösen und auch an guten Taten getan hast. Nichts davon wird dich von Gott abbringen, aber auch nichts näher an Gott heranbringen. Nur dein Vertrauen zählt. Du kannst Gott vertrauen, weil er dich liebt. Letztendlich ist es die Liebe, mit der wir anderen Menschen vertrauen können. Die Liebe Gottes ist der Weg, der uns leben lässt, trotz unserer Fehler, trotz unserer Schuld und trotz unseres Scheiterns. Das ist die gute Nachricht, um die sich alles dreht. Das ist das Evangelium, die frohe Botschaft. Das ist der zentrale Kern der Botschaft in unseren evangelischen Kirchen und auch in allen christlichen Kirchen, nämlich Gottes Liebe. Um sie dreht es sich immer, in jedem Gottesdienst, bei jeder Taufe, bei jeder Beerdigung und bei jeder Trauung. Das feiern wir heute mit dem Reformationsfest. Für mich ist dieses Fest weit mehr als eine Erinnerung an Martin Luther und den Thesenanschlag vor 507 Jahren. Das Reformationsfest zeigt uns den Weg zum Leben. Es zeigt uns, das wir trotz aller Anforderungen, die unsere Gesellschaft und Zeit von uns will, gut, glücklich und zufrieden leben können, denn Gott liebt uns mit allem, was wir sind und haben, und eben auch mit allem, was wir nicht sind und nicht haben. Internet, YouTube, Instagram, Tiktok sind Errungenschaften unserer Zeit und haben unser Zusammenleben massiv verändert, doch wir Menschen sind von denen des ersten christlichen Jahrhunderts bis zu denen zur Zeit Luthers und bis zu den Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts mit dem Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung die gleichen geblieben. Gottes Liebe macht das mit uns. Auch wenn für junge Leute und Erwachsene Gott zu einem Fremdwort geworden ist; auch wenn unsere Welt oft grausam und unbarmherzig ist, so ist doch biblische Botschaft, die durch Luther neu entdeckt wurde, umso wichtiger: Gottes Liebe schenkt dir Leben! Wir sind die Kirche Jesu Christi. Wir sind die Gemeinschaft der Menschen, die auf Jesus Christus vertrauen. In ihm hat Gott sich mit uns versöhnt. Er selber ist in seinem Sohn ans Kreuz gegangen und hat sein Leben gegeben, damit wir frei leben können und damit wir von seiner Liebe getragen, geborgen und getröstet sind. Diesen Trost wünsche ich allen, die unter den Lasten und Anforderungen des Lebens leiden und nach einem mutmachenden Wort für ihr Leben suchen. Nicht unser Ungenügen, nicht unser Scheitern und nicht unsere Niederlagen entscheiden über uns, sondern allein Gottes Liebe und Gnade, von denen die Bibel uns erzählt und die in Jesus sichtbar ist. Das wollen wir nicht nur am Reformationsfest, sondern an allen Tagen unseres Lebens feiern. Amen
Lied: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“, Evangelisches Gesangbuch 369, die Strophen 1, 3, 4 + 7
Strophe 1: Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit, den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit. Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut, der hat auf keinen Sand gebaut.
Strophe 3: Man halte nur ein wenig stille und sei doch in sich selbst vergnügt, wie unsers Gottes Gnadenwille, wie sein Allwissenheit es fügt, Gott, der uns sich hat auserwählt, der weiß auch sehr wohl, was uns fehlt.
Strophe 4: Er kennt die rechten Freudenstunden, er weiß wohl, wann es nützlich sei; wenn er uns nur hat treu erfunden und merket keine Heuchelei, so kommt Gott, eh wir's uns versehn, und lässet uns viel Guts geschehn.
Strophe 7: Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu; denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verlässt er nicht.
Fürbitten: Guter Gott! Du weißt, wie oft wir uns in unserem Leben verrennen. Wir wollen toll, gut und schön sein. Wir wollen die anderen und auch Dich beeindrucken. Du aber siehst in unser Herz und weißt, wie sehr wir uns nach einem guten Wort, nach Liebe und Trost sehnen. Tröste und ermutige uns, wenn wir an unserer eigenen Unvollkommenheit verzweifeln, wenn unsere Niederlagen und unser Schwachsein uns erdrücken. Lass uns spüren: Deine Liebe trägt uns in allem, durch unsere Erfolge und durch unser Scheitern hindurch zu Dir. Wir bitten Dich besonders für unsere Kinder und Jugendlichen. Manche von ihnen stehen unter großem Druck, dass sie darunter zu zerbrechen drohen. Lass gute Menschen um sie sein. Öffne ihre Herzen für Dich und Deine Liebe. Wir bitten Dich für alle, die unter den Lasten des Lebens leiden. Schenke ihnen Zeiten der Ruhe, für sich selbst und für Dich. Wir bitten Dich für alle, die Dein Wort verkünden: Gib ihnen Mut, Zuversicht und Weisheit. Wir bitten Dich für Deine Kirche bei uns und auf der ganzen Welt: Lass sie sich immer an Deiner Liebe ausrichten. Schenke ihr Vertrauen zu Dir. Wir bitten Dich für alle Christen, die ihren Glauben nicht frei leben können. Lass sie spüren, dass Du bei ihnen bist. Wir denken an alle, die krank sind, die unter Schmerzen leiden und die im Sterben liegen. Sei Du mit Deinen guten Engeln bei ihnen. Lass uns in allem, was kommt, auf Dich und Deine grenzenlose Liebe vertrauen. Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Reformationstag an der Hand des Gottes, der uns seine Liebe im Namen Jesu umsonst zuspricht und schenkt. Es segne und behüte Sie und Euch der dreieinige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Herzliche Grüße, Euer / Ihr Obmann Uwe