Andacht 2024-02-04 Angefochtener Glaube
Uwe Träger, Obmann
Begrüßung: Ich grüße Sie und Euch sehr herzlich zur Hausandacht für Sonntag, den 4. Feber 2024. Wir lesen diese im Namen des Gottes, der uns für den christlichen Glauben Kraft gibt und daher im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Worte aus Psalm 25 nach der Basis Bibel: Zu dir, Herr, trage ich, was mir auf der Seele liegt. Mein Gott, auf dich vertraue ich. Zeige mir deine Wege, Herr, und lehre mich, deinen Pfaden zu folgen. Lass mich nach deiner Wahrheit leben und lehre mich! Denn du bist es, Gott, der mir hilft! Auf dich hoffe ich den ganzen Tag. Denk an deine Barmherzigkeit und Güte, Herr! Denn schon seit Urzeiten bestehen sie. Denk so an mich, wie es deiner Güte entspricht! Du meinst es doch gut mit mir, Herr. Gut und gerecht ist der Herr. Darum weist er den Sündern den Weg. Alle Wege, die der Herr bestimmt, sind geprägt von Güte und Wahrheit. So hilft er denen, die seinen Bund halten und seine Gebote befolgen. Bleib deinem Namen treu, Herr, und vergib mir meine Schuld – sie ist so groß! Meine Augen blicken stets auf den Herrn. Denn er selbst zieht meine Füße aus dem Netz. Wende dich zu mir und hab Erbarmen mit mir! Behüte mich in meinem Tun! Denn auf dich hoffe ich.
Lied: „Sonne der Gerechtigkeit“, Evangelisches Gesangbuch 262, die Strophen 1 - 3 und 5 - 6:
Strophe 1: Sonne der Gerechtigkeit, gehe auf zu unsrer Zeit; brich in deiner Kirche an, dass die Welt es sehen kann. Erbarm dich, Herr.
Strophe 2: Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit; dass sie deine Stimme hört, sich zu deinem Wort bekehrt. Erbarm dich, Herr.
Strophe 3: Schaue die Zertrennung an, der kein Mensch sonst wehren kann; sammle, großer Menschenhirt, alles, was sich hat verirrt. Erbarm dich, Herr.
Strophe 5: Gib den Boten Kraft und Mut, Glauben, Hoffnung, Liebesglut, und lass reiche Frucht aufgehn, wo sie unter Tränen sä‘n. Erbarm dich, Herr.
Strophe 6: Lass uns deine Herrlichkeit sehen auch in dieser Zeit und mit unsrer kleinen Kraft suchen, was den Frieden schafft. Erbarm dich, Herr.
Lesung aus dem Brief an die Hebräer, Kapitel 12 nach der Basis Bibel: Macht deshalb die müden Hände und die erlahmten Knie wieder stark! Und schafft für eure Füße gerade Pfade. Denn was lahm ist, soll nicht auch noch fehltreten, sondern geheilt werden. Bemüht euch um Frieden mit allen Menschen und auch um Heiligkeit. Ohne sie wird niemand den Herrn sehen. Achtet darauf, dass niemand zurückbleibt und so die Gnade Gottes verliert. Lasst keinen Spross aus einer giftigen Wurzel aufgehen. Sonst richtet sie Unheil an, und viele werden durch sie vergiftet. Niemand soll unmoralisch oder ohne Gott leben. Ihr seid vielmehr zum Berg Zion gekommen und zur Stadt des lebendigen Gottes: zum himmlischen Jerusalem. Ihr seid zu Gott gekommen, der über alle Gericht hält, und zu den Gerechten. Sie sind schon zur Vollendung gelangt und ihr Geist ist schon bei Gott. Ihr seid zu Jesus gekommen, dem Vermittler des neuen Bundes. Gebt acht, dass ihr den nicht abweist, der so zu euch spricht! Amen.
Gedanken zur Lesung: Im Neuen Testament ist uns der sogenannte Hebräer-Brief überliefert. Wir wissen nicht, wer diesen geschrieben hat. Es muss eine gebildete Person gewesen sein, denn diese schreibt ihre theologische Abhandlung in einem sehr guten Griechisch. Zur Erinnerung: Das Original des Neuen Testamentes ist in Griechisch geschrieben, das Alte Testament in Hebräisch. Der uns unbekannte Verfasser des Hebräerbriefes ist vertraut mit den biblischen Schriften und bezieht diese auf einzigartige Art und Weise auf Jesus Christus. Wer die Hebräer konkret sind, an die sich diese Schrift richtet, ist nicht bekannt. Es muss sich sehr wahrscheinlich um Christinnen und Christen der zweiten und dritten Generation handeln. Der geschichtliche Abstand zum irdischen Jesus wächst. Die Hoffnung auf eine baldige Wiederkunft des Auferstandenen wurde bitter enttäuscht. Dies führt zu Anfechtungen, Müdigkeit und Resignation innerhalb der christlichen Gemeinde. Viele fallen vom Glauben ab und verlassen die Gemeinde. Der Hebräerbrief will gegensteuern. Seine Worte wollen zwar aufmuntern und aufbauen, sind aber auch harte Worte der Ermahnung: Gebt acht, dass ihr den nicht abweist, der so zu euch spricht! Wer strauchelt, wer zögert oder Schwäche zeigt, muss mit ernsten Konsequenzen rechnen, die wohl nicht mehr rückgängig gemacht werden können, nämlich die unwiderrufliche Trennung vom Zentrum des Glaubens, also von Jesus Christus. Daher ermuntert und ermahnt er die Müden und Matten eindringlich und dringend, ihrem Glauben treu zu bleiben und erinnert sie auch an die Hoffnung, die sie im auferstandenen Jesus haben. Im Tod am Kreuz hat er sein Blut für uns zur Vergebung der Sünden vergossen und hat somit Versöhnung zwischen Gott und Mensch gestiftet. Doch kommen diese mahnenden Worte bei seinen müden und matten Glaubensgeschwistern an? Kommen sie auch bei uns an? Wir haben ein sehr schwieriges Jahr 2023 mit schrecklichen Ereignissen hinter uns. Die Aussichten für das neue Jahr sind auch nicht besser: Ein Ende der Kriege, Krisen und Katastrophen ist nicht abzusehen. Da fragen wir uns, was wir mit den Worten des Hebräerbriefes anfangen sollen. Wir Christinnen und Christen in Mitteleuropa sind mindestens genauso müde und schlapp wie die Gläubigen am Ende des ersten Jahrhunderts. Mitglieder unserer Gemeindevertretung und auch die von Gemeindevertretungen anderer Pfarrgemeinden meinen, dass mehr junge Leute in die Gemeindevertretung müssen und dass wieder mehr Leute in die Kirche gehen sollen. In vielen Gemeinden gibt es auch Ideen, Phantasie und Kraft, den Niedergang zu stoppen, zum Beispiel durch Glaubenskurse und zahlreiche anders gestaltete Gottesdienste. Das ist auch gut so. Aber wird das reichen? Menschen entfernen sich mehr oder weniger von den christlichen Kirchen. Diese haben heute deutlich weniger Relevanz für die Gesellschaft und für das persönliche Leben. In der zweitausendjährigen Geschichte des Christentums kamen immer wieder Zeiten und Umstände, in denen die Christen glaubensmüde wurden. Die Begeisterung für das Bekenntnis ließ nach. Das Feuer für den Glauben wurde schwächer und drohte ganz zu erlöschen. Diese Entwicklung hat der Verfasser des Hebräerbriefes in seiner damaligen Gemeinde beobachtet. Das setzte ihn unter Druck und diesen gab er weiter. Mit Appellen versuchte er, dem Abfall vom Glauben entgegenzuwirken, das Feuer für den Glauben am Brennen zu halten und die nur noch schwach glimmende Glut für diesen wieder neu zu entfachen. Dabei geht es ihm weniger um die öffentliche und gesellschaftliche Relevanz von Kirche oder um den Kirchenbeitrag, sondern vielmehr um Jesus Christus selbst. Dafür brennt er, für das, was Christus erkämpft, erlitten und errungen hat für uns, damit wir nicht in Dunkelheit und Finsternis gelangen. Wenn nun die Menschen im Glauben wanken und müde werden, wenn sie das Vertrauen in Jesus vernachlässigen und sich von ihm ganz entfernen, dann wird der Kreuzestod Jesu zum Gespött und alles wäre umsonst – Jesu Opfertod, Gottes vergebende Liebe und das Wirken des Heiligen Geistes. Das kann und will der Autor des Hebräerbriefes nicht zulassen, will nicht das dem Spott preisgeben, was so teuer erkauft wurde, was ihm selbst so sehr wichtig und kostbar ist. In unserer Gesellschaft gibt es auch andere Müdigkeiten. Manche sind beziehungsmüde, krisenmüde und demokratiemüde. Das geht so schnell. Unbemerkt schwindet Achtsamkeit für das, was einst so wichtig war. Wenn man sich um Beziehungen mit anderen Menschen nicht mehr bemüht, dann können sie sich abnutzen und einschlafen. In unserer demokratischen Gesellschaft schleicht sich Gleichgültigkeit wie ein Gift ein und wichtige Werte wie Meinungsfreiheit und Menschenrechte werden schleichend zersetzt. Extremismus und Populismus machen sich auf den Straßen und in den Köpfen breit und drängen demokratisches Denken an den Rand. Für unsere demokratische Werteordnung gibt es nur ein Rezept: Bleiben wir achtsam! Setzen wir nicht aufs Spiel und verspotten das, wofür die Generationen nach dem zweiten Weltkrieg gekämpft haben. Was für die Demokratie gilt, gilt erst recht für unseren Glauben. Setzen wir unseren Glauben nicht aufs Spiel und verspotten das, was die Christinnen und Christen in aller Welt von den Anfängen bis heute bewahrt haben, nämlich den Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus und die Vision auf die Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem. In unserer Welt, die zunehmend von Krieg und Gewalt, Unrecht und Not durchdrungen wird, sind wir aufgerufen, die Stimme für den Gott zu erheben, der die Welt in Jesus mit sich versöhnt hat. Und wir sind herausgefordert, neue Wege zu suchen, diese frohe Botschaft für Menschen von heute verständlich zu verkündigen. Wir machen das, weil wir gemeinsam im Glauben unterwegs sind. Wir feiern in Gottesdiensten Gottes Gegenwart, lassen uns in diesen stärken für den Alltag und erhalten durch sie einen Vorgeschmack auf das Freudenfest im himmlischen Jerusalem mit dem ewigen Frieden. Das ist die großartige Vision des Verfassers des Hebräerbriefes. Ohne diese würden seine berechtigten Ratschläge nur immer mehr großen und kontraproduktiven Druck auslösen. Durch seine Vision auf das kommende Freuden- und Friedensfest mit Jesus Christus im himmlischen Jerusalem werden die erschlafften Hände und erlahmten Knie frischen Mut bekommen. Mit dieser Version sind alle christlichen Gemeinden unterwegs. Sie ermahnt uns, einander zu helfen und aufeinander Acht zu geben, dass niemand in einer schwierigen Lebenslage den Glauben und das Vertrauen verliert. Im Glauben sind wir jetzt schon Bürgerinnen und Bürger des himmlischen Jerusalems, der Stadt des ewigen und wahren Friedens. Wir sind auf unserem Weg dorthin nicht allein, denn sonst würden wir schnell erlahmen, ermüden und aufgeben. Gott ist mit uns auf dem Weg. Daher wollen wir uns unseren mal mehr oder weniger angefochtenen und glaubensarmen Glauben beflügeln und ermutigen lassen von dem Frieden und von der Liebe, die Gott uns immer schon in Jesus Christus geschenkt hat. Amen.
Lied: „O komm, du Geist der Wahrheit“, Evangelisches Gesangbuch 136, die Strophen 1 - 4:
Strophe 1: O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.
Strophe 2: O du, den unser größter Regent uns zugesagt: Komm zu uns, werter Tröster, und mach uns unverzagt.
Gib uns in dieser schlaffen und glaubensarmen Zeit die scharf geschliffnen Waffen der ersten Christenheit.
Strophe 3: Unglaub und Torheit brüsten sich frecher jetzt als je; darum musst du uns rüsten mit Waffen aus der Höh.
Du musst uns Kraft verleihen, Geduld und Glaubenstreu und musst uns ganz befreien von aller Menschenscheu.
Strophe 4: Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit,
trotz aller Feinde Toben, trotz allem Heidentum zu preisen und zu loben das Evangelium.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag an der Hand des Gottes, der uns für den christlichen Glauben Kraft gibt. Es segne Sie und Euch der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Herzliche Grüße, Ihr und Euer Obmann Uwe