Andacht 2022-06-26 Der unbegreifliche Gott ist bei uns

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Obmann Uwe Träger

Begrüßung: Ich grüße Sie und Euch sehr herzlich zur Hausandacht für Sonntag, den 26. Juni 2022. Wir lesen diese im Namen des unbegreiflichen Gottes, der bei uns ist und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Lied: „Ich singe dir mit Herz und Hand“, Evangelisches Gesangbuch 324, die Strophen 1 – 2 und 13 – 15:
Strophe 1: Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust; ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.
Strophe 2: Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad und ewge Quelle bist, daraus uns allen früh und spat viel Heil und Gutes fließt.
Strophe 13: Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut! Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
Strophe 14: Er ist dein Schatz, dein Erb und Teil, dein Glanz und Freudenlicht, dein Schirm und Schild, dein Hilf und Heil, schafft Rat und lässt dich nicht.
Strophe 15: Was kränkst du dich in deinem Sinn und grämst dich Tag und Nacht? Nimm deine Sorg und wirf sie hin auf den, der dich gemacht.

Psalm 113 nach der Lutherbibel von 2017: Halleluja! Lobet, ihr Knechte des Herrn, lobet den Namen des Herrn! Gelobt sei der Name des Herrn von nun an bis in Ewigkeit! Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn! Der Herr ist hoch über alle Völker; seine Herrlichkeit reicht, so weit der Himmel ist. Wer ist wie der Herr, unser Gott, der oben thront in der Höhe, der niederschaut in die Tiefe, auf Himmel und Erde; der den Geringen aufrichtet aus dem Staube und erhöht den Armen aus dem Schmutz, dass er ihn setze neben die Fürsten, neben die Fürsten seines Volkes; der die Unfruchtbare im Hause wohnen lässt, dass sie eine fröhliche Kindermutter wird. Halleluja!

Lesung: Römer, Kapitel 11, die Verse 33 - 36 nach der Lutherbibel von 2017: O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen? (Jesaja 40,13) Oder wer hat ihm etwas zuvor gegeben, dass Gott es ihm zurückgeben müsste? (Hiob 41,3) Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

Gedanken zur Lesung: In diesen Worten geht es um das größte Geheimnis dieser Welt. Es geht um Gott! Es geht um Loben, um Staunen, um Zweifeln und um das Vertrauen, dass Gott da und bei mir ist. Es geht um Gott, es geht um Loben! Sehr schnell wird uns klar: Gott ist zu hoch für uns, weil er unbegreiflich und unerforschlich ist. Wir haben eigentlich keine Ahnung, um wen oder was es überhaupt geht. Niemand kann göttliche Gedanken erkennen. Niemand kann Gott einen Rat geben. Niemand kann etwas von ihm zurückverlangen. Niemand kann Gott in ein Wort, eine Vorstellung, ein Bild oder ein Gebäude einsperren, denn die Begründung dafür liegt in Gott selbst. Alles hat in Gott seinen Ursprung, besteht durch ihn und hat in ihm sein Ziel. Es gäbe kein Leben, keine Lebendigkeit und auch keinen Lebenssinn ohne Gott. Die großen Fragen unseres menschlichen Lebens, können alle mit Gott beantwortet werden: Woher komme ich? Wozu bin ich da? Wohin werde ich gehen? Aus Gott und durch Gott und auf Gott hin ist alles. Ehre sei Gott in Ewigkeit! Deswegen sollen wir Gott loben, danken und ihm die Ehre geben – mit unseren Kirchenräumen und Gottesdiensten, mit unseren Gebeten und Predigten, mit unseren Liedern und Festen. Durch unser Loben gibt es eine Ahnung von Verbundenheit zwischen Gott und uns. Aber durch unser Loben erschließt sich Gott uns nicht, sondern bleibt ein Geheimnis, zu hoch, als dass wir es fassen könnten. Es geht um Gott, es geht um Staunen! Ich erinnere mich an einen schönen Berggottesdienst am Gipfelkreuz des Falkerspitzes. 50 Leute waren versammelt. Wir machten eine zweiminütige Übung „Wahrnehmen und Staunen“. Jeder hatte die Aufgabe: Was sehe ich? Was rieche ich? Was höre ich? Wir alle hatten die Erkenntnis: Schön ist es in den Nockbergen! Es gibt viele Gelegenheiten, über Gottes Schöpfung zu staunen! Wir können staunen über die Schönheit der Natur in Kärnten und woanders, über die Ruhe der ewigen Berge, über die Wälder und Almen, über die Tiere und Pflanzen! Staunen ist das ehrfürchtige Staunen über das große Geheimnis und Wunder in jedem Menschen, in jedem Tier und in jeder Pflanze. Staunen ist das Sehen, das Hören und das Riechen, dass die Natur voller Stimmen, Musik und Gesang ist. Überall ist Gott und umhüllt die Erde mit seiner Schönheit und Poesie. Durch unser ehrfürchtiges Staunen über die Natur gibt es eine Ahnung, dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Aber durch dieses erschließt sich Gott uns nicht, sondern bleibt ein Geheimnis, zu hoch, als dass wir es fassen könnten. Es geht um Gott, es geht um Zweifeln! Wir Menschen kommen immer wieder an die Grenzen des Denkbaren, gerade wenn es um Gott geht. Manchmal geht es soweit, die Existenz Gottes in Frage zu stellen. Wie kann Gott zugleich gerecht und barmherzig sein? Wenn er jedem Täter vergibt, wer setzt dann die Opfer ins Recht? Wie kann ein allmächtiger und barmherziger Gott all das Leid zulassen, die Kriege, die Katastrophen, die Krisen im eigenen Leben? Diese Fragen sind nicht nur für Menschen bedeutsam, sondern auch für Gott selbst. Muss und kann er sich rechtfertigen? Muss und kann er sich fragen, hinterfragen oder gar widerlegen lassen? Durch Diskussion und Nachdenken über diese Fragen wird deutlich, dass menschliche Logik brüchig und lückenhaft ist und bleibt, so dass man schnell an die Grenze des Denkens, des Glaubens und des Aushaltbaren kommt. Dann ist die letzte Konsequenz die Ablehnung Gottes. Oder sogar beides – die Ablehnung und die Anbetung Gottes. Der Holocaustüberlebende Elie Wiesel (1928 – 2016) berichtet von einer Szene im Konzentrationslager Ausschwitz, wo Gott selbst vor Gericht gestellt wird, weil er scheinbar seinen Bund mit Israel gebrochen und all das Leid an seinem erwählten Volk zugelassen hat. „Die Verhandlungen des Tribunals zogen sich lange hin. Schließlich verkündete mein Lehrer, der Vorsitzender des Tribunals gewesen war, das Urteil: Schuldig. Dann herrschte Schweigen. Aber schließlich sagte mein Lehrer: Nun, meine Freunde, lasst uns gehen und beten. Und wir beteten zu Gott, der gerade wenige Minuten vorher von seinen Kindern für schuldig erklärt worden war.“ Durch unsere Zweifel an der Existenz Gottes gibt es eine Ahnung, dass Gott doch existieren könnte. Aber durch unsere menschliche Logik erschließt sich Gott uns nicht, sondern bleibt ein Geheimnis, zu hoch, als dass wir es fassen könnten. Es geht um Gott, es geht um das Vertrauen, dass Gott da und bei mir ist. Ich kenne solche Momente und Lebenserfahrungen, in denen mein Denken an Grenzen kommt und ich dennoch und trotzdem weiß und vertraue: Gott ist da und bei mir. Ich erinnere mich an meine Zeit als Pfarramtskandidat. Ich suchte damals nach einer theoretischen Antwort auf die Frage, die ich vorhin angesprochen habe: „Warum kann ein gütiger Gott das Leid in der Welt zulassen?“ Schwerpunkt meiner damaligen Arbeit war die Krankenhauseelsorge. Durch die vielen Besuche und Gespräche mit Kranken wurde mir klar: Eine theoretische Antwort gibt es nicht, sondern nur eine, die mit dem Glauben praktisch bestanden werden kann. Ich spürte, dass trotz allem Leid der Menschen Gott da ist. Ich spürte dies, weil im Kreuz Jesu Christi dieses unerreichbare Göttliche erreichbar, sichtbar und spürbar geworden ist, nämlich Gottes Liebe, Gottes Heil und Gottes Frieden. Nur diese Gewissheit hält mich, hält mich im Glauben, hält mich in Gott. Nur durch die Gewissheit, dass Gott die Liebe ist, kann ich darauf vertrauen, dass Gott da und bei mir ist – trotz der Dinge, die ich nicht begreifen und erforschen kann, trotz der Dinge, die ich kaum ertragen und tragen kann, trotz aller Fragen, die ungeklärt bleiben. Nur mit dem Vertrauen, dass Gott die Liebe ist, kann ich gewiss beten: Ich verstehe Deine Wege nicht, aber Du weißt den rechten Weg für mich. Amen.

Lied: „Stern, auf den ich schaue“, Evangelisches Gesangbuch 407, die Strophen 1 – 3
Strophe 1: Stern, auf den ich schaue, Fels, auf dem ich steh, Führer, dem ich traue, Stab, an dem ich geh, Brot, von dem ich lebe, Quell, an dem ich ruh, Ziel, das ich erstrebe, alles, Herr, bist du.
Strophe 2: Ohne dich, wo käme Kraft und Mut mir her? Ohne dich, wer nähme meine Bürde, wer? Ohne dich, zerstieben würden mir im Nu Glauben, Hoffen, Lieben, alles, Herr, bist du.
Strophe 3: Drum so will ich wallen meinen Pfad dahin, bis die Glocken schallen und daheim ich bin. Dann mit neuem Klingen jauchz ich froh dir zu: nichts hab ich zu bringen, alles, Herr, bist du!

Fürbitten: Großer allmächtiger Gott des Himmels und der Erde! Bei dir ist kein Mensch vergessen. Du kennst uns alle mit Namen. Wir danken Dir, dass Du uns durch das Kreuz und die Auferstehung Deines Sohnes Deine wertschätzende und vergebende Liebe zusprichst. Du schenkst uns Neuanfänge im Leben und im Glauben, die uns zum Besten dienen, auch wenn wir das manchmal nicht so empfinden. Gib uns einen weiten Blick, damit wir nicht nur unsere Probleme, sondern auch die Not anderer wahrnehmen! Lass uns Gutes tun, ohne nachzurechnen, ob es sich auch lohnt! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für alle, die für ihr eigenes Leben oder das Leben anderer nur noch schwarzsehen; weil sie eine Krankheit plagt; weil sie keine Kraft mehr in sich finden; weil sie einen lieben Menschen verloren haben; weil sie wegen Krieg und Naturzerstörung auf der Flucht sind. Schenke ihnen Hoffnung und Zuversicht und lass sie spüren, dass sie nicht alleine sind! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für die Kinder und Jugendlichen dieser Welt, dass sie fröhliche und mutige Menschen werden, die mit offenen Augen durch die Welt gehen und ein offenes Herz für ihre Mitmenschen haben! Im Vertrauen auf Dich bitten wir um Deinen Segen für unser kostbares Leben und für Deine gute Schöpfung, die unsere einzige Heimat ist! Im Vertrauen auf Dich bitten wir darum, dass die Politiker dieser Welt zum Frieden trachten und dass wir alle Boten Deiner Liebe, Deines Friedens und Deiner Gerechtigkeit werden! Amen.

Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag an der Hand des unbegreiflichen Gottes, der bei uns ist. Es segne Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.                         

Seid von Gott behütet!
Obmann Uwe