Dietrichs Leben

Geschrieben von Super User on . Posted in Archiv

G. John, Vereinsmitglied, März 2019

Dietrich Bonhoeffer hätte ein sorgloses Leben führen können.

1906 wurde er in einer gutbürgerlichen Familie in Breslau geboren. Sein Vater bekam die Berufung als Leiter der Psychiatrie der berühmten Charité in Berlin, und sie zogen in eine Villengegend Berlins, der damaligen Hauptstadt Preußens, der führenden Nation Deutschlands. Neben der hohen Schulbildung gehörten auch musische Förderung und hohe philosophische Ansichten zu Dietrichs Erziehung. Dietrich war reich und begabt. Bereits mit 21 Jahren absolvierte er das Doktorat der Theologie.
Doch es trieb ihn etwas weiter um. Die Worte der Bergpredigt wurden ihm zu eigen, und er beschloss, für Gott und seine Mitmenschen zu leben. Besonders die notleidenden Menschen in den Jahren nach 1930 lagen Bonhoeffer am Herzen, viele hungerten und froren, und er war sich seiner bevorzugten Stellung wohl bewusst. Seine Eltern hatten ihn gelehrt, zu teilen und zu helfen... ... und er half.

1933 kam Hitler an die Macht. Sein Regime versprach den Menschen Arbeit und Brot, und daher jubelten ihm Millionen Deutsche - im von den Restriktionen des 1. Weltkieges geknechteten und von der Weltwirtschaftskrise gebeutelten Deutschland - zu. Selbst in den Kirchen hatte er viele Anhänger. Die katholische Kirche - bestochen durch die von Hitler eingeführte Kirchensteuer - schwieg, und die evangelische Kirche formierte sich unter dem nationalsozialistischen Banner der "Deutschen Christen" für Führer, Gott und Vaterland.

Bonhoeffer lehnte das Nazi-Regime ab. Er war für Frieden zwischen den Völkern und unterstützte die  "Bekennende Kirche", in deren Namen er auch illegal Predigerseminare zur Ausbildung von Pfarrern durchführte. Zahlreiche Christen und Pfarrer kamen später in Konzentrationslagern durch die "Endlösung" und den "Nerobefehl" Hitlers 1945 ums Leben, so auch Dietrich Bonhoeffer.

Ein schwerer Weg

Alsbald ahnte Bonhoeffer, dass durch Hitler noch Millionen Menschen sterben werden - im Krieg, im Widerstand und in den Konzentrationslagern. 
Er schloss sich seinem Bruder und seinen Schwägern im Kampf gegen Hitler unter der Leitung von Admiral Canaris an.

Das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 misslang. Viele Widerstandskämpfer wurden hingerichtet. Auch Bonhoeffer rechnete mit seinem baldigen Tod. Zu Weihnachten 1944 schrieb er aus der Haft das Gedicht "Von guten Mächten" an seine Verlobte Maria von Wedemeyer:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern,
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
(Auszug aus dem Gedicht)

Im Frühjahr 1945 wurde Bonhoeffer in das Konzentrationslager Flossenbürg gebracht. Kurz vor der Befreiung des KZ wurde er am 9. April 1945 drei Wochen vor Kriegsende auf persönlichen Befehl Hitlers hingerichtet. Seine letzten Worte sollen gewesen sein: „Das ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens“. Diese sind als letzter Gruß an Bischof Bell in England gerichtet.

Der Name Dietrich Bonhoeffer ist zum Symbol christlichen Widerstandes gegenüber verbrecherischer, menschenverachtender Willkürherrschaft geworden; zum Symbol des Widerstands gegen Borniertheit und Kadavergehorsam. Bonhoeffer war mehr als ein mutiger Pfarrer und Widerstandskämpfer, denn in einer Zeit, in der die Gerechten ins Gefängnis kamen, "wo Recht zu Unrecht wurde", und "Widerstand zur Pflicht!" (frei nach J. W. von Goethe, Berthold Brecht und Papst Leo XIII.), zeichnete Bonhoeffer ein neues Bild vom Glauben, hinaus aus einer trostlosen Welt.

Bonhoeffers Theologie ist oft ähnlich einem vertrauensvollen, persönlichen Gespräch mit Gott. Die Anziehungskraft seines Glaubens liegt wohl auch darin begründet, dass er Glauben in einer solchen Grenzsituation nicht nur theoretisch formuliert und gepredigt, sondern gelebt hat. Sein Verständnis von der Nachfolge Jesu war nicht nur Lippenbekenntnis, sondern er lebte und erlitt sie. Für seine Überzeugung ging er in den Tod.

Selbst in den Stunden/Tagen/Wochen/Monaten der Not fand er Worte für seine Mitgefangenen:

Gott, zu Dir rufe ich in der Frühe des Tages.
Hilf mir beten
und meine Gedanken sammeln zu Dir,
ich kann es nicht allein.

In mir ist es finster,
aber bei Dir ist das Licht.
Ich bin einsam, aber Du verlässt mich nicht.
Ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist die Hilfe.
Ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede.
In mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist die Geduld.
Ich verstehe Deine Wege nicht, aber -
Du weißt den Weg für mich.

Vor Dir denke ich an all die Meinen.
An die Mitgefangenen und an alle, die
in diesem Hause ihren schweren Dienst tun.
Herr, erbarme Dich!
Schenke mir die Freiheit wieder,
und lass mich derzeit so leben, wie ich es vor Dir und vor den Menschen
verantworten kann.
Herr, was dieser Tag auch bringt -
Dein Name sei gelobt!


Amen.