Rundbrief 2018-04 Die Ostermärsche

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HAPAX und ein herzliches Hallo zum Rundbrief April 2018!

Hunderttausende sind bei den traditionellen Ostermärschen in Deutschland schon lange nicht mehr auf den Straßen. Mal sind es einige hundert Demonstranten, mal nur wenige Dutzend. Es ist der harte Kern der Friedensbewegung. Auch in diesem Jahr, dem 60. Geburtstag der Ostermärsche, gibt es über 100 kleine und mittelgroße Kundgebungen in ganz Deutschland für Frieden und Abrüstung, gegen Hass und Populismus.

Begonnen haben die Märsche am Ostersonntag 1958 in Großbritannien. Rund 10.000 Menschen marschierten von London zum Atomforschungszentrum Aldermaston und protestierten dabei gegen die nukleare Aufrüstung. Der britische Künstler Gerald Holtom entwarf für den Marsch das Peace-Zeichen.

1960 fand dann der erste Ostermarsch in Deutschland statt. Etwa 1600 Menschen marschierten von Hamburg-Harburg zum Atomraketenstützpunkt Bergen-Hohne im Landkreis Celle. Bis 1968 stieg die Teilnehmerzahl auf 300.000.

Ostermarsch 1968 in Stuttgart: Neben der Abrüstung war das Attentat auf Rudi Dutschke in Berlin das beherrschende Thema.

Erst Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre, mit Aufrüstung und NATO-Doppelbeschluss, lebte die Ostermarschbewegung zwischenzeitlich wieder auf. Der Beschluss schrieb die Stationierung von Atomwaffen innerhalb der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland vor.

1983 gingen wieder mehrere Hunderttausend Menschen auf die Straßen und demonstrierten gegen die Stationierungspläne. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Fall der Mauer nahm das Interesse jedoch wieder ab. Seither sind die Ostermärsche eher eine Randerscheinung. 

In besonderen Krisenjahren, etwa im Golfkriegsjahr 1991 oder während des Irak-Kriegs 2003, erlebten sie aber regelmäßig wieder größeren Zulauf. Mit dem Erdbeben und der Atomkatastrophe in japanischen Fukushima 2011 stieg die Ostermarsch-Quote erneut deutlich an. Das Wiederaufleben dieses Phänomens unterstrich in jenem Jahr auch noch das 25-jährige Jubiläum des Atomunfalls in Tschernobyl (26.04.1986).

An dem Osterwochenende 2018 sind in Deutschland mehr als 100 Friedens-Demos und -Kundgebungen angekündigt. Der zentrale Ostermarsch-Aufruf des "Bundesausschusses Friedensratschlag" kritisiert unter anderem deutsche Rüstungsexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Auch in Österreich entstanden Ostermärsche und Demonstrationen für Frieden und Gerechtigkeit.

Im Kontext der internationalen Ostermarschbewegungen wurde 1963 in Wien, vor allem durch Robert Jungk (1913 - 1994, Publizist und Zukunftsforscher) und Günther Anders (1902 - 1992, Philosoph), ein Ostermarsch-Verein gegen atomare Aufrüstung gegründet.

1965 war die Anti-Borodajkewycz-Demonstration: Bei einer Demonstration gegen den Hochschulprofessor Taras Borodajkewycz wird der KZ-Überlebende Ernst Kirchweger von einem neonazistischen Studenten niedergeschlagen. Borodajkewycz hatte in seinen Vorlesungen und Schriften mehrfach den Nationalsozialismus verherrlicht und war durch antisemitische Äußerungen aufgefallen. Ernst Kirchweger stirbt drei Tage später.1993 folgten 250.000 Menschen dem Aufruf von SOS-Mitmensch und demonstrierten mit Kerzen in den Händen gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Die Demonstration richtet sich gegen das von Jörg Haider eingeleitete "Volksbegehren" für die Erschwerung der Aufnahme von Flüchtlingen und AusländerInnen in Österreich:

2009 beteiligten sich 3.500 Menschen bei der Lichterkette für Vielfalt und Zivilcourage. Im Rahmen von Protesten der Studierenden kommt es in ganz Österreich zu Demonstrationen. Erhoben wird die Forderung nach mehr Geld für die Bildung. Der "Audi Max", der größte Hörsaal der Universität Wien, wird über mehrere Wochen besetzt.

Als junger Student der ev. Theologie an der Universität Bonn (damalige Bundeshauptstadt) demonstrierte ich 1983 im Hofgarten der Universität mit 100.000 Menschen gegen den NATO-Doppelbeschluss, der eine massive atomare Aufrüstung anstrebte. Damals trug ich einen Button mit der Aufschrift „Schwerter zu Pflugscharen“ aus dem Michabuch des Alten Testamentes. (Micha 4, 3)

Erinnern möchte ich an die große Friedensrede von Dietrich Bonhoeffer, die er auf der Fanö-Konferenz am 28.8.1934 gehalten hat (DBW 13, S. 298 - 302) und die als Vorbote der Ostermärsche angesehen werden kann: „Friede soll sein, weil Christus in der Welt ist…Wie wird Friede? Durch ein System von politischen Verträgen? Durch Investierung internationalen Kapitals in den verschiedenen Ländern? d. h. durch die Großbanken, durch das Geld? Oder gar durch eine allseitige friedliche Aufrüstung zum Zweck der Sicherstellung des Friedens? Nein, durch dieses alles aus dem einen Grunde nicht, weil hier Friede mit Sicherheit verwechselt wird. Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede muß gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und läßt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung. Sicherheiten fordern heißt Mißtrauen haben, und dieses Mißtrauen gebiert wiederum Krieg…Nur das Eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, daß die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muß und daß die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt…“

 

Lesen wir bis zum Rundbrief Mai 2018:

Psalmen 95 - 97; Matthäus-Evangelium Kapitel 12, die Verse 38 – 45

Liebe Grüße, Euer Obmann Uwe