Rundbrief 2017-04 Die Reformatoren Zwingli und Calvin

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HAPAX und ein herzliches Hallo!

In dem gegenwärtigen Jubiläumsjahr „500 Jahre Reformation“ (1517 – 2017) wird vor allem an die Reformation erinnert, die von Martin Luther in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) ausging. In den evangelisch-lutherischen Kirchen werden die beiden anderen großen Reformatoren Zwingli und Calvin, die in der Schweiz wirkten, nur am Rande erwähnt und gewürdigt. Daher stelle ich in diesem Rundbrief diese beiden Reformatoren kurz vor.

Die evangelischen Kirchen in Österreich (A.B. = Augsburger Bekenntnis = lutherisch und H.B. = Helvetisches Bekenntnis = reformiert) hatten zum 31. Dezember 2016 lediglich 301.729 Mitglieder = 3,77 % der Gesamtbevölkerung von Österreich. Zur Evangelischen Kirche A.B. gehören 288.328 Menschen, zur Evangelischen Kirche H.B. gehören 13.401 Menschen.

 

Lesen wir bis zum nächsten Rundbrief im Mai 2017:

Psalmen 63 – 65; Matthäus-Evangelium Kapitel 10, die Verse 27 – 33

Beste Grüße, Euer Obmann Uwe

 

Ulrich Zwingli (1484 – 1531)

Ulrich Zwingli wurde am 1. Januar 1484 in Wildhaus (Kanton St. Gallen, Schweiz) als drittes von zehn Kindern einer angesehenen Bauernfamilie geboren. Mit Hilfe von Verwandten und Freunden der Familie konnte der junge Zwingli in Wesen, Basel und Bern Schulen besuchen und anschließend in Wien und Basel studieren. Von 1502 bis 1506 studierte Zwingli in Basel und promovierte zum Magister der freien Künste. Auf das Studium der Philosophie folgte ein kurzes Studium der Theologie.

1506 wurde Zwingli zum Pfarrer von Glarus gewählt und zum Priester geweiht. Er führte dieses Amt in guter katholischer Tradition mit Messelesen, Prozessionen, Reliquienverehrung und Ablasswesen etwa zehn Jahre lang. Ab 1516 korrespondierte Zwingli mit Erasmus von Rotterdam. Seinen Schritt zum Humanismus, den er vor allem politisch und kirchenkritisch verstand, bezeichnete Zwingli später als einen ersten Schritt zur Reformation. 1516 nahm Zwingli vorübergehend einen Ruf nach Einsiedeln an. Hier begann er konsequent biblisch zu predigen, d. h. er legte jeden Morgen vor der Messe einen Bibeltext öffentlich aus.

Im Jahr 1518 wird er als Leutpriester an das Zürcher Großmünster berufen. In seinen zwölf Zürcher Jahren widmete er sich der Entwicklung des Gottesdienstes, der innerhalb wie außerhalb der Kirchenmauern stattfand. Das war für Zwingli eine Einheit: das Wort Gottes will nicht nur in einem privaten oder verinnerlichten Bereich, sondern in der Gesamtheit des Lebens zur Wirklichkeit werden; das ganze Leben soll Gottesdienst sein. Zwinglis Augenmerk war in Zürich von Anfang an auf die Frage gerichtet, wie der Glaube Leben verändert. Dazu gehörten für ihn in der Stadt z. B. Zinsnachlässe, bessere Entlohnung der Arbeiter oder die Armenfürsorge.Ab Weihnachten 1523 begann in Zürich der Zusammenbruch des alten Kultes. Prozessionen und Wallfahrten hörten auf, das Fasten wurde nicht eingehalten. Nach Pfingsten 1524 wurden alle Bilder aus den Kirchen entfernt. Im April 1525 legten Zwingli und seine Freunde dem Rat der Stadt eine neue Abendmahlsliturgie vor und verlangen die endgültige Abschaffung der Messe. Schon Gründonnerstag 1525 wird in Zürich das erste reformierte Abendmahl gefeiert.

Die folgenden Jahre brachten der Reformation in der Schweiz großen Zuwachs. Die weltweite Ausbreitung der schweizerischen Reformation nach Frankreich, den Niederlanden, Schottland und Ungarn nimmt erst später von Genf aus ihren Lauf, wird aber in den zwanziger Jahren in Zürich vorbereitet. Die Ausbreitung der Reformation in der Schweiz wurde 1531 durch den zweiten Kappeler Krieg beendet. Letztlich kam es durch die Folgen des Krieges zur konfessionellen Spaltung der Schweiz.

Ulrich Zwingli, der nach altem Brauch als Feldprediger mit in den Krieg gezogen war, erlebt die vernichtende Niederlage der Zürcher nicht mehr. Er fällt mit 400 anderen treuen Anhängern der Reformation am 11. Oktober 1531.

Literaturtipp: Ulrich Gäbler (österreichischer Kirchenhistoriker, geboren in Villach): Huldrych Zwingli. Eine Einführung in sein Leben und sein Werk, 1983 (ein älteres Buch, aber gut).

Johannes Calvin (1509-1564)

Johannes Calvin wurde am 10. Juli 1509 in Noyon (Frankreich) geboren. Seine Ausbildung erhielt er zunächst in Noyon und ab 1523 in Paris. Er verließ Paris 1528 als Magister der freien Künste und ging nach Orleans, um Rechtswissenschaft zu studieren. Nach Abschluss seiner juristischen Studien kehrte er 1532 nach Paris zurück und beschäftigte sich mit der Literatur.

Ab 1535 lebte Calvin in Basel und schrieb ein Vorwort für die französische Übersetzung des Neuen Testaments. Schon 1536 erschien in Basel die Erstausgabe seiner Christianae Religionis Institutio (Unterricht in der christlichen Religion). Als Calvin im Sommer des Jahres nach Genf reiste, überredete ihn der dortige Prediger Guillaume Farel zum Bleiben, doch Genf war für einen gründlichen Neubau des kirchlichen Wesens noch nicht reif, so dass Calvin zunächst einige Jahre in Straßburg verbrachte.

Als Calvin sich der Theologie zuwandte, fand er schon den Protestantismus in seiner Frühentwicklung vor. Es war im Wesentlichen die Leistung Luthers, an die er anknüpfen konnte. Aber was Calvin tat, war dann doch keine einfache Übernahme dessen, was die deutsche Reformation ans Licht gebracht hatte. Calvin hat sich für seine Lehre allein auf die Schrift berufen, deren Mitte die Offenbarung Gottes in Jesus Christus ist. Diesem Zentrum der evangelischen Botschaft war alles untergeordnet.

Im September 1541 zog Calvin nach Genf und legte dem Rat eine Kirchenordnung vor, in der vier Ämter vorgesehen sind: die Pastoren, die Lehrer, die Ältesten und die Diakone. Damit fällt dem Laienelement eine aktive und verantwortliche Rolle bei der Leitung der Gemeinde zu. Die Ältesten bilden gemeinsam mit den Pastoren ein Konsistorium, dessen Aufgabe es ist, die kirchliche Ordnung aufrecht zu erhalten und die Undisziplinierten zur Ordnung zu rufen. Es ist die Eigentümlichkeit der Genfer Kirche, und es wird die Eigentümlichkeit aller calvinistisch geprägten Kirchen sein, dass in viel stärkerem Maße als in dem zur Pastorenkirche tendierenden Luthertum das kirchliche Leben auf der Aktivität von Laien beruht.

Für die Durchsetzung seines Gemeindeideals hatte Calvin fünfzehn Jahre innerhalb des Genfer Stadtstaates kämpfen müssen. In seiner Theologie ist er der Mann der zweiten reformatorischen Generation, der größte Schüler Luthers, dem er seine entscheidenden theologischen Erkenntnisse verdankt.

Aber als Luther-Schüler ist Calvin zugleich der Theologe gewesen, der den Wittenberger Reformator verstanden hat und von seinem reformatorischen Ansatz her ein selbständiges und einheitliches theologisches System entworfen hat.

Johannes Calvin starb am 27. Mai 1564 in Genf. Er wurde auf dem allgemeinen Friedhof beerdigt. Ein Grabstein wurde auf seinem Wunsch hin nicht gesetzt. Seine letzte Ruhestätte bleibt damit unbekannt.

Literaturtipp: Christoph Strohm: Johannes Calvin. Leben und Werk des Reformators, 2009, 8,95 Euro (kurze und gute Biographie)