Persönliches zum 13. Februar - Dresden vor 75 Jahren

Geschrieben von Super User on . Posted in Beiträge/Kommentare Archiv

von G. John, Vereinsmitglied.

Ich hatte das Vergnügen, Ende der 1990er Jahre zwei Jahre beruflich in Dresden zu verbringen. Es ist eine faszinierend schöne Stadt und war vor 1945 sicher noch schöner – und heute wieder. „Elbflorenz“ oder „Perle an der Elbe“ wird sie genannt, was mich als gebürtigen Hamburger ein wenig neidisch auf unsere Schwesterstadt an der Elbe schauen lässt. Als ich in Dresden war, war die Frauenkirche noch zerstört. Heute steht sie in neuem Glanz. In den beiden Jahren jeweils am späten Abend des 13. Februar erlebte ich mit, wie sich Tausende auf dem Platz vor der zerstörten Frauenkirche versammelten. Gegen 21:45 Uhr wurde es mucksmäuschenstill, die Glocken aller Kirchen Dresdens erschallten zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens zur gleichen Zeit 1945. Ein Gänsehautmoment!

Meine Familie mütterlicherseits stammt aus Leipzig, väterlicherseits aus Hamburg. Von dem Feuersturm in Hamburg wurde mir nichts überliefert, wohl aber von dem in Dresden.

Meine Mutter, Jahrgang 1925, hat in den Kriegsjahren ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester absolviert, mit Stationen in Rostock und Danzig, wo sie ihr Examen machte. Danzig wurde Ende Januar 1945 vor den herannahenden sowjetischen Streitkräften evakuiert. Meine Mutter sollte Danzig mit einem Schiff von Gotenhafen (heute Gdynia/Polen) verlassen. Da sie auf ihrer Krankenhausstation ein Baby betreute, dessen Gesundheitszustand bedenklich war, bat meine Mutter ihre Oberin, bleiben zu dürfen. Die Oberin war einverstanden, wenn meine Mutter dann später mit einem Zug nach Norddeutschland die Stadt verlassen würde. Das Schiff, das meine Mutter in Gotenhafen hätte nehmen sollen, war die Wilhelm Gustloff, die am 30. Januar 1945 torpediert und versenkt wurde. Über 9.000 Menschen kamen dabei ums Leben. Eine schützende Hand lag über meiner Mutter.
Die Versenkung der Gustloff ist bis heute als Kriegsverbrechen umstritten, ebenso wie die Bombardierung Dresdens.

Anfang Februar 1945 floh meine Mutter per Zug von Danzig nach Leipzig zu ihren Eltern. In der Nacht vom 13. auf 14. Februar wurde die knapp 120 km von Leipzig entfernte Stadt Dresden durch Bombengeschwader der Royal Airforce in einem nächtlichen Feuersturm wie in Hamburg (Operation Gomorrah) völlig zerstört. Am nächsten Morgen bombardierte die amerikanische Luftwaffe die bereits brennende Stadt erneut. Richard Harris, Befehlshaber der Einsätze der Royal Air Force auf Hamburg und Dresden, sollte 1992 mit einer Statue in London geehrt werden. Seine Landsleute überschütteten diese mit blutroter Farbe, stürzten und zerstörten sie. Bereits kurz nach Kriegsende gab es Zweifel daran, ob die Bombardierung Dresdens nicht als Kriegsverbrechen zu werten wäre. Nach eigenen Aussagen befahl Harris die Zerstörung der Städte durch Feuersturm nicht, weil er es musste, sondern weil er es konnte. Harris trat im September 1945 zurück und ging nach den Vorwürfen verbittert nach Südafrika.
Leipzig war bereits seit 1943 vielfaches Ziel der englischen und amerikanischen Bomber und großflächig zerstört. Die Wohnung meiner Großeltern blieb verschont. Mein Großvater war als Jahrgang 1903 zu alt, beruflich unabkömmlich (UK) und mit einem defekten Trommelfell vom aktiven Kriegsdienst befreit. Doch wurden die Männer in Leipzig nach dem Bombenangriff auf Dresden dorthin zur Leichenbergung berufen.
Die sowjetische Armee war nur noch 100 km entfernt, die Dresdner Innenstadt mit Flüchtlingen aus den Ostgebieten Deutschlands überfüllt. Viele von ihnen suchten im Großen Garten oder auf den Elbwiesen Schutz. Doch Flammen, Rauch und Hitze brachten ihnen den Tod.
Die meisten der zigtausend zur Identifizierung auf dem Altmarkt Dresdens zusammengeführten Leichen waren Frauen und Kinder, berichtete mein Großvater. Als er wieder zuhause zurück war, wollte meine Oma wissen, was in Dresden gewesen war. Opi schaute sie an und sagte nur: „Sie (die Leichen) türmten sich auf dem Markt bis zum 2. Stock. – Frag mich nie wieder!“ – Und so wurde darüber auch nie wieder gesprochen.

Quellen: Meine Familiengeschichte, Wikipedia, Phoenix.

Ein recht ausführlicher Artikel zu Bombardierungen deutscher Städte unter dem Befehl von Arthur Harris ist bei spiegel.de zu finden. Hier der Link: https://www.spiegel.de/spiegel/bombenangriff-auf-dresden-1945-ueberall-leichen-ueberall-tod-a-1193229.html

#BombenangriffDresden #13.Februar1945