Andacht 2023-08-27 Rühr uns an, Gott!
Uwe Träger, Obmann
Begrüßung: Ich grüße Sie und Euch sehr herzlich zur Hausandacht für Sonntag, den 27. August 2023. Wir lesen diese mit dem Vertrauen, dass Gott unsere Taten und Worte anrührt und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Psalm 146 nach der Lutherbibel von 2017: Halleluja! Lobe den Herrn, meine Seele! Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich bin. Verlasset euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen. Denn des Menschen Geist muss davon, und er muss wieder zu Erde werden; dann sind verloren alle seine Pläne. Wohl dem, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist, der seine Hoffnung setzt auf den Herrn, seinen Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, das Meer und alles, was darinnen ist; der Treue hält ewiglich, der Recht schafft denen, die Gewalt leiden, der die Hungrigen speiset. Der Herr macht die Gefangenen frei. Der Herr macht die Blinden sehend. Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind. Der Herr liebt die Gerechten. Der Herr behütet die Fremdlinge und erhält Waisen und Witwen; aber die Gottlosen führt er in die Irre. Der Herr ist König ewiglich, dein Gott, Zion, für und für. Halleluja! Amen.
Lesung: Evangelium nach Markus, Kapitel 7, die Vers 31 – 37 nach der Basisbibel: Danach verließ Jesus das Gebiet von Tyros wieder. Er kam über Sidon zum See von Galiläa, mitten ins Gebiet der Zehn Städte. Da brachten Leute einen Taubstummen zu ihm. Sie baten Jesus: Leg ihm deine Hand auf! Jesus führte ihn ein Stück von der Volksmenge weg. Er legte seine Finger in die Ohren des Taubstummen und berührte dessen Zunge mit Speichel. Dann blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sofort öffneten sich seine Ohren, seine Zunge löste sich, und er konnte normal sprechen. Jesus schärfte ihnen ein, nichts davon weiterzuerzählen. Aber je mehr er darauf bestand, desto mehr verkündeten sie, was Jesus getan hatte. Amen.
Lied: „Ich lobe meinen Gott“, Evangelisches Gesangbuch 272: Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen. Erzählen will ich von all seinen Wundern und singen seinen Namen. Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen. Ich freue mich und bin fröhlich, Herr, in dir! Halleluja! Ich freue mich und bin fröhlich, Herr, in dir! Halleluja!
Gedanken zur Lesung: Stellen Sie sich vor, sie hätten nie die Stimme von vertrauten Menschen gehört – Mutter oder Vater, Partnerin oder Partner, Freund oder Freundin! Oder auch nie den Gesang der Vögel, nie das Rauschen der Wälder, nie den Klang von Musik. Das wäre unvorstellbar und bitter. Es wäre fast wie tot sein mitten im Leben. Denn was uns als Menschen ausmacht, ist die Kommunikation. Um menschlich leben zu können, müssen wir uns ausdrücken können – unsere Freude und unseren Kummer, unsere Hoffnungen und Ängste. Wie gelingt uns das besser als durch die Sprache? Was aber, wenn wir nicht hören könnten? Dann könnten wir auch nicht sprechen. Dann müssten wir uns mühselig durch unsere Mimik, durch Zeichen und Gesten verständlich machen. Gut ist es, dass es heute die Gehörlosensprache gibt. Eine Klagenfurter Pfarrerin beherrscht diese und macht Gehörlosenseelsorge und Gottesdienste mit und für Gehörlose. Vielleicht sollten wir alle diese Gebärdensprache erlernen. Denn wir alle könnten das Gehör verlieren, auch wenn es heute sehr gute und unauffällige Gehörgeräte gibt. In Neuseeland ist die Gebärdensprache neben Englisch und Maori offizielle Amtssprache. Im Seniorenheim sitzen die Menschen oft beieinander und reden nicht. Nicht weil sie dement sind, sondern weil sie schlecht hören können und ihre Stimmen zu schwach sind. Wenn wir alle die Gehörlosensprache könnten, könnten wir auch bis ins hohe Alter miteinander kommunizieren. Zur Zeit Jesu waren die Gehörlosen arm dran und Außenseiter. Kinder und Erwachsene, die taub und stumm waren, wurden zum Betteln geschickt und waren lebenslang auf das Erbarmen der Mitmenschen angewiesen. Dem Taubstummen aus unserer Geschichte begegnet Jesus außerhalb seiner Heimat Galiläa, also im Norden Israels mit dem berühmten See Genezareth. Er ist im Gebiet der Zehn Städte, also im Ostjordanland. Ein Jude reiste nicht freiwillig in dieses Gebiet. Hier lebten viele Griechen, die andere Götter verehrten und eine Lebensweise hatten, die nicht zum Judentum passten. Aber Jesus geht in dieses Gebiet, um zu heilen und zu predigen. Denn Gottes Liebe und Frieden kennen keine religiösen und kulturellen Grenzen und Unterschiede. Da wird ein Taubstummer zu ihm gebracht, damit er die Hand auf ihn lege. Wie gut, dass es einen Menschen gibt, der nicht nur an sich denkt, dem das Schicksal des Taubstummen am Herzen liegt und nicht denkt: „Nach mir die Sintflut!“ Stellen Sie sich vor, dieser Mensch hätte den Taubstummen nicht zu Jesus gebracht? Dieser konnte ihn ja nicht rufen, nicht auf sich aufmerksam machen und konnte ja von Jesus nichts gehört haben. Das zeigt deutlich, dass wir Menschen aufeinander angewiesen sind. Schlimm sind die Menschen dran, die keine Fürsprecher haben, die namenlos sind, keine Rechte und Würde haben. Davon gibt es auch heute genug. Gut ist, dass kirchliche und nichtkirchliche Hilfswerke sich um diese kümmern. Jesus lässt sich auf diesen Taubstummen ein. Er tut das nicht in der Menge, sondern nimmt den Taubstummen beiseite, vielleicht um Gaffern und der Sensationslust der Leute zu entgehen. Nun sind die beiden alleine und schauen sich in die Augen. Jesus berührt ihn, legt ihm die Finger in die Ohren, berührt seine Zunge mit Speichel. Irgendwie wirkt das für uns fremd, denn ein Arzt unserer Zeit würde das bestimmt nicht tun, aber körperliche Nähe ist gut für den Heilungsprozess. Es hilft einem Kranken, ruhiger zu werden, wenn wir ihm die Hand halten, ihm über die Stirn streicheln oder ihm auch einen Kuss geben. Zugleich blickt Jesus auf zum Himmel, als wolle er sagen: „Sieh doch, Gott, dieser kranke Mensch braucht dich.“ Die Heilung wird abgeschlossen und vollendet durch das Wort, das Jesus ausruft: „Effata! - Tu dich auf!“ Erst jetzt tun sich seine Ohren auf und die Fesseln seiner Zunge lösen sich. Der Taubstumme ist geheilt. Und nun? Jesus wendet sich an die Menschen, die die Heilung heimlich von ferne beobachtet haben und ermahnt sie, nichts davon zu erzählen. Aber das funktioniert nicht, wenn ein solches Wunder passiert. „Hast Du schon gehört?“ So dürften die Leute schon damals geredet haben. Einige zitieren den Propheten Jesaja. Denn dort ist zu lesen, dass der Messias genau daran erkannt werden wird, dass durch ihn Taube hören, Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige rein werden, Tote auferstehen und den Armen das Evangelium gepredigt wird. Ja, viele Menschen halten Jesus aufgrund seiner Wundertaten für den Messias, aber sie deuten die Wunder falsch. Das will Jesus vermeiden. Die Leute meinen nämlich, er werde bald die Herrschaft der Welt übernehmen und sie mit einem Schlag verändern. Alles würde über Nacht gut werden. Tatsächlich ist die Welt nicht anders geworden, auch nicht nach Jesu Kreuzigung und Auferstehung. Leid und Gewalt, Tod und Hass, Hunger und Armut sind geblieben. Die Heilung des Taubstummen durch Jesus will uns zeigen, wie unsere Welt aussehen könnte, wenn wir nur alle dem Himmel Gottes zutrauen würden, dass er sich öffnet und uns berührt. Wir sollen begreifen, dass wir vom Himmel Gottes berührt werden können und darum nicht so bleiben müssen, wie wir sind. Wir sind oft wie Taube, die kaum wahrnehmen, wie Gott zu uns spricht oder was andere Menschen oder auch Tiere und Pflanzen uns sagen und mitteilen wollen. Wir sind oft wie Stumme, die nicht das richtige Wort finden für ihre Mitmenschen oder für die Not der Natur. Wir sind oft die Gleichgültigen, weil wir oft zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind oder nur das sehen und hören wollen, was unseren Interessen und Werten entspricht und was sich auszahlt. Unsere Beziehungen zu anderen Menschen sind oft so schwierig, weil wir bewusst stumm waren, obwohl wir hätten reden sollen, weil wir bewusst taub waren, obwohl wir hätten genau hinhören sollen. Wir alle haben Grund, immer wieder um Heilung zu bitten, dass Gott unser Herz und unsere Ohren öffnet, damit wir die rechten Worte finden zur rechten Zeit und erfühlen, was hinter den Worten steckt, die zu uns gesagt werden. Jesus hat ein gutes Ohr für versteckte und kaum hörbare Gefühle des Glücks und der Sorgen. Er verstummt auch nicht vor seinen Gegnern, vertritt klar seine Position, obwohl er aneckt. Er bittet uns, dass wir immer mal innehalten und auf seine Worte bewusst hören. Wir dürfen darauf vertrauen, dass er uns Wege zu einer einfühlsamen und wertschätzenden Kommunikation zeigt. Menschlich oder unmenschlich werden wir auch durch unsere Worte und Taten. Eine achtsame und wertschätzende Kommunikation wäre heilsam für uns alle, heilsam für Familie, Freundeskreis, Arbeitsplatz, Verein und Pfarrgemeinde. Letztendlich wird es nie zum Frieden in der Welt kommen, wenn Menschen nur das für das einzig Richtige und Wahre halten, was sie denken, leben und glauben und nicht bereit sind, anderes zuzulassen. Lasst uns wie Jesus immer wieder zum Himmel Gottes schauen, rufen und beten: „Gott, wir brauchen Deine Hilfe und Deinen Segen. Rühr uns an mit der Kraft Deines Heiligen Geistes!“ So können Frieden und Heil durch unsere Worte, durch unser Hören und durch unsere Taten wirken und wachsen. Amen.
Lied: „Meine engen Grenzen“, Evangelisches Gesangbuch 574, die Strophen 1 - 4
Strophe 1: Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht bringe ich vor dich. Wandle sie in Weite; Herr, erbarme dich.
Strophe 2: Meine ganze Ohnmacht, was mich beugt und lähmt bringe ich vor dich. Wandle sie in Stärke; Herr, erbarme dich.
Strophe 3: Mein verlornes Zutraun, meine Ängstlichkeit bringe ich vor dich. Wandle sie in Wärme; Herr, erbarme dich.
Strophe 4: Meine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit bringe ich vor dich. Wandle sie in Heimat; Herr, erbarme dich.
Fürbitten: Guter Gott! Erwecke und stärke uns durch Deinen Heiligen Geist, damit er unsere Taten und Worte anrühre, mutig und aufrichtig den christlichen Glauben zu bezeugen und Boten Deiner Liebe und Deines Friedens zu sein. Im Vertrauen auf Dich bitten wir für alle, die an ihrem Leben verzweifeln, deren Herz bitter geworden ist, die nicht mehr glauben können, die in ihrem Leben keinen Sinn mehr sehen, die Angst vor der Zukunft und um ihre Existenz haben, die wegen Krieg oder Naturzerstörung ihre Heimat verlassen müssen, die krank sind und die um einen lieben Menschen trauern! Tröste sie und schenke ihnen Kraft und Hoffnung durch den Glauben und durch die Fürbitte von anderen Menschen! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt; für die, die in Kirche und Politik, in Firmen, im Tourismus und in der Landwirtschaft, in Schulen, Krankenhäusern und Seniorenheimen und woanders Verantwortung haben! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für die Gäste, die bei uns Erholung suchen und für die, die sich um die Gäste kümmern. Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag mit dem Vertrauen, dass Gott unsere Worte und Taten anrührt. Es segne Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.
Herzliche Grüße, Euer / Ihr Obmann Uwe