Andacht 2023-04-07 Teure Gnade
Uwe Träger, Obmann
Begrüßung: Ich grüße Euch und Sie sehr herzlich zu dieser Hausandacht für Karfreitag, den 7. April 2023. Wir lesen diese mit dem Vertrauen, dass Gott uns im Kreuz Jesu mit vergebender Liebe wertschätzt und daher im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Lied: „Herzliebster Jesu“, Evangelisches Gesangbuch 81, Strophen 1, 3 und 4
Strophe 1: Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen, dass man ein solch hart Urteil hat gesprochen? Was ist die Schuld, in was für Missetaten bist du geraten?
Strophe 3: Was ist doch wohl die Ursach solcher Plagen? Ach, meine Sünden haben dich geschlagen; ich, mein Herr Jesu, habe dies verschuldet, was du erduldet.
Strophe 4: Wie wunderbarlich ist doch diese Strafe! Der gute Hirte leidet für die Schafe, die Schuld bezahlt der Herre, der Gerechte, für seine Knechte.
Lesung: Johannes-Evangelium, Kapitel 19, die Verse 16 - 30 nach der Basis Bibel: Jesus wurde abgeführt. Er trug sein Kreuz selbst aus der Stadt hinaus zu dem Ort, der Schädelplatz heißt, auf Hebräisch Golgota. Dort wurde Jesus gekreuzigt und mit ihm noch zwei andere – einer auf jeder Seite und Jesus in der Mitte. Pilatus ließ ein Schild oben am Kreuz anbringen, auf dem geschrieben stand: Jesus der Nazoräer, der König der Juden. Viele Juden lasen das Schild. Denn der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde, lag nahe bei der Stadt. Die Inschrift war in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache abgefasst. Die führenden Priester des jüdischen Volkes sagten zu Pilatus: Schreibe nicht: Der König der Juden, sondern: Dieser Mann hat behauptet: Ich bin der König der Juden. Pilatus erwiderte: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. Nachdem die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, teilten sie seine Kleider unter sich auf. Sie waren zu viert, und jeder erhielt einen Teil. Dazu kam noch das Untergewand. Das war in einem Stück gewebt und hatte keine Naht. Die Soldaten sagten zueinander: Das zerschneiden wir nicht! Wir lassen das Los entscheiden, wem es gehören soll. So ging in Erfüllung, was in der Heiligen Schrift steht: Sie verteilen meine Kleider unter sich und werfen das Los über mein Gewand. Genau das taten die Soldaten. Nahe bei dem Kreuz von Jesus standen seine Mutter und ihre Schwester. Außerdem waren Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala dabei. Jesus sah seine Mutter und neben ihr den Jünger, den er besonders liebte. Da sagte Jesus zu seiner Mutter: Frau, sieh: Er ist jetzt dein Sohn. Dann sagte er zu dem Jünger: Sieh: Sie ist jetzt deine Mutter. Von dieser Stunde an nahm der Jünger sie bei sich auf. Nachdem das geschehen war, wusste Jesus, dass jetzt alles vollbracht war. Damit vollendet würde, was in der Heiligen Schrift steht, sagte er: Ich bin durstig! In der Nähe stand ein Gefäß voll Essig. Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein. Dann legten sie ihn um einen Ysopbund und hielten ihn Jesus an den Mund. Nachdem Jesus den Essig genommen hatte, sagte er: Es ist alles vollbracht. Er ließ den Kopf sinken und starb. Amen.
Apostolisches Glaubensbekenntnis: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Gedanken zum Karfreitag: Das ökumenische Glaubensbekenntnis, das wir in jedem Gottesdienst miteinander sprechen, ist ein hohes ökumenisches Gut. Es hat drei Abschnitte. Im ersten Abschnitt geht es um Gott; im zweiten und längsten um Jesus und im dritten um den Heiligen Geist. Im Abschnitt über Jesus heißt es: gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes. Diese Worte sind eine kurze Zusammenfassung über einen wichtigen Teil des Lebens Jesu. Im Glaubensbekenntnis steht nichts über seine Wunder, über seine Heilungen, über seine Gleichnisse oder von seiner Bergpredigt. Natürlich gehört dies alles zu seinem Leben unbedingt dazu, aber ein entscheidender Teil seines Lebens war – wie es im Lied 81 heißt – „Der gute Hirte leidet für die Schafe.“ Jesus ist also aus Liebe zu uns in den Tod gegangen. Deswegen steht das Kreuz Jesu im Zentrum der christlichen Religion. Deshalb ist das Kreuz das Zeichen schlechthin für das Heil Gottes und für seine Liebe zur Welt. Im Glaubensbekenntnis werden drei Namen genannt: Jesus, seine Mutter Maria und Pontius Pilatus. Pontius Pilatus war für die Kreuzigung Jesu verantwortlich. Er gehörte zum römischen Adel und wurde vom römischen Kaiser Tiberius zum Statthalter über Judäa ernannt. Zu diesem Gebiet gehörten auch die beiden Städte Jerusalem und Bethlehem. Warum wird im Glaubensbekenntnis ein grausamer und korrupter Pontius Pilatus erwähnt und nicht jemand, der Jesus begleitet und unterstützt hat? Als Antwort gibt es einen theologischen und einen historischen Grund. Die Äthiopische Kirche verehrt ihn als Heiligen, weil er seinen Teil dazu beigetragen hat, dass Jesus am Kreuz starb und so die Erlösung für die ganze Menschheit ermöglichte. Mit der Erwähnung seines Namens soll aber auch deutlich herausgestellt werden, dass Jesus wirklich gelebt hat und kein Scheinmensch war und dass er tatsächlich am Kreuz starb und nicht scheintot war. Historisch ist sicher, dass Jesus an einem Freitag im Frühjahr der Jahre zwischen 26 und 36 nach Christus durch römische Soldaten in Jerusalem hingerichtet wurde. Er war 30 bis 35 Jahre alt. Jesus wurde mit den Händen und Füßen an ein hohes Holzkreuz genagelt. Durch das Hinunterhängen des Oberkörpers ist Jesus langsam erstickt. Für die Römer war Jesus eine politische Gefahr, weil er von vielen Menschen als Messias angesehen wurde. Deswegen wurde mit Hohn und Spott am Kreuz Jesu sein Hinrichtungsgrund eingraviert: Der König der Juden. Wer trägt Schuld an Jesu Tod? Auch für diese immer wieder gestellte Frage gibt es eine historische und eine theologische Antwort. Ein kleiner Kreis von römischen und jüdischen Autoritäten und Funktionären waren in diesen Fall verwickelt. Nur Pontius Pilatus konnte im Namen der Römer das Todesurteil fällen. Autoritäten der damaligen jüdischen Religion hatten ein starkes Interesse am Tod Jesu, denn es kam ständig zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Jesus und ihnen, weil Jesus die Scheinheiligkeit der jüdischen Frommen radikal kritisierte; weil Jesus den Tempelbetrieb in Jerusalem anprangerte, denn im Tempel ging es wie auf einem Jahrmarkt zu; weil er am Sabbat Menschen geheilt hat und weil er sich mit Menschen solidarisierte, die in der damaligen Gesellschaft nichts zu melden hatten, wie zum Beispiel Frauen, Kinder und Kranke. Den theologischen Grund für die Schuld an Jesu Tod hat einerseits der evangelische Pfarrer und Liederdichter Paul Gerhardt im seinem berühmten Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ (EG 85, 4) so ausgedrückt: „Nun, was du, Herr erduldet, ist alles meine Last, ich habe es selbst verschuldet, was du getragen hast.“ Andererseits schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die christliche Gemeinde in Korinth (Kapitel 1, Verse 23 – 24): „Wir dagegen verkünden Christus, den Gekreuzigten: Das erregt bei den Juden Anstoß und für die anderen Völker ist es reine Dummheit. Christus ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Das verkünden wir allen, die berufen sind – Juden wie Griechen.“ Gottes Weisheit besteht darin – und diese dürfte für moderne Zeitgenossen auch anstößig sein –, dass Gott sich selbst in seinem Sohn opfert und somit seine unbegreiflich große Liebe zu uns Menschen verdeutlicht. Gott hat es sich also etwas kosten lassen. Aus lauter Liebe zu uns ging er in den Tod. Das ist teure Gnade. So viel sind wir ihm wert! Das Kreuz Jesu bedeutet keine Verherrlichung des Leidens oder des Leids. Im Leiden und Sterben durchkreuzt Gott selbst den tödlichen Kreislauf von Schuld und Sünde, von Vergeltung und Rache. Gott selbst nimmt unsere Schuld auf sich und räumt die Steine und Mauern weg, die zwischen ihm und uns sind. Die Kreuzigung Jesu war also ein Tod aus purer Liebe zu uns, weil unsere Worte und Taten immer wieder von der Sünde zugedeckt werden und weil wir uns aus Sünde und Schuld selbst nicht befreien können. Kein anderer hat diese Erkenntnis treffender umschrieben als Martin Luther, der in seinem kleinen Katechismus schreibt: „Ich glaube, dass Jesus Christus … sei mein Herr, der mich verlornen und verdammten Menschen erlöst hat … nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben, damit ich sein Eigen sei …“ Doch vor seiner Auferstehung musste Jesus hinabsteigen in das Reich des Todes, so heißt es im Glaubensbekenntnis. Für moderne Zeitgenossen dürfte diese Aussage schwierig zu verstehen sein, denn wir haben nicht mehr das alte biblische Weltbild Himmel – Erde – Unterwelt. Diese Glaubensaussage ist eher symbolisch zu verstehen. Jesus Christus hat allen Menschen die Liebe und das Heil Gottes verkündet, also nicht nur den Christen, sondern auch der vorchristlichen und der nichtchristlichen Menschheit. Damit wird Jesus der kosmische Christus für die ganze Welt. Jesus als der kosmische Christus hat mitten im Totenreich, mitten im Gestank des Todes den frischen Duft der Auferstehung hineingeblasen. Schließlich sollen alle Menschen diesen frischen Duft der Auferstehung riechen. „Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, damit er über Tote und Lebende Herr sei“ (Römer 14, 9). Wenn wir jemanden begrüßen, dann sagen wir oft: „Meine Verehrung!“ Daher haben wir vor allem heute zu sagen: „Meine Verehrung dem gekreuzigten, gestorbenen, ins Totenreich hinabgestiegenen und auferstandenen Christus.“ Amen.
Lied: „O Haupt voll Blut und Wunden“, Evangelisches Gesangbuch 85, Strophen 1, 4 + 7
Strophe 1: O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn, o Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron, o Haupt, sonst schön gezieret mit höchster Ehr und Zier, jetzt aber hoch schimpfieret: Gegrüßet seist du mir!
Strophe 4: Nun, was du, Herr, erduldet, ist alles meine Last; ich hab es selbst verschuldet, was du getragen hast. Schau her, hier steh ich Armer, der Zorn verdienet hat. Gib mir, o mein Erbarmer, den Anblick deiner Gnad!
Strophe 7: Es dient zu meinen Freuden und tut mir herzlich wohl, wenn ich in deinem Leiden, mein Heil, mich finden soll. Ach möcht ich, o mein Leben, an deinem Kreuze hier mein Leben von mir geben, wie wohl geschähe mir!
Fürbitten: Guter Gott des Himmels und der Erde! Bei Dir ist kein Mensch vergessen. Du kennst uns alle mit Namen. Wir danken Dir, dass Du uns durch das Kreuz und die Auferstehung Deines Sohnes Deine wertschätzende und vergebende Liebe zusprichst. Du schenkst uns Neuanfänge im Leben und im Glauben, die uns zum Besten dienen, auch wenn wir das manchmal nicht so empfinden. Gib uns einen weiten Blick, damit wir nicht nur unsere Probleme, sondern auch die Not anderer wahrnehmen! Lass uns Gutes tun, ohne nachzurechnen, ob es sich auch lohnt! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für alle, die für ihr eigenes Leben oder das Leben anderer nur noch schwarzsehen, weil sie eine Krankheit plagt; weil sie keine Kraft mehr in sich finden; weil der Tod eines lieben Menschen ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen hat; weil sie wegen Krieg auf der Flucht sind. Schenke ihnen Hoffnung und Zuversicht und lass sie spüren, dass sie nicht alleine sind! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für die Kinder und Jugendlichen dieser Welt, dass sie fröhliche und mutige Menschen werden, die mit offenen Augen durch die Welt gehen und ein offenes Herz für ihre Mitmenschen haben. Im Vertrauen auf Dich bitten wir um Dein Licht für alle, deren Leben nach Liebe und Vertrauen dürstet. Hilf, dass sie Orte der Geborgenheit finden und ihr eigenes Herz spüren! Im Vertrauen auf Dich bitten wir darum, dass die Politiker dieser Welt zum Frieden trachten und dass wir alle Boten Deiner Liebe, Deines Friedens und Deiner Vergebung werden! Amen.
Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Karfreitag an der Hand des Gottes, der uns im Kreuz Jesu mit vergebender Liebe wertschätzt. Es segne und behüte Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist! Amen.
Herzliche Grüße, Euer / Ihr Obmann Uwe