Andacht 2022-12-11 Begeisterung

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Obmann Uwe Träger

Begrüßung: Ich begrüße Sie und Euch sehr herzlich zu dieser Hausandacht für den dritten Adventsonntag am 11. Dezember 2022. Wir lesen diese im Namen des Gottes, der sich mit Begeisterung und Leidenschaft auf den Weg zu uns macht und daher im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Lied: „O Heiland, reiß die Himmel auf“, Evangelisches Gesangbuch 7, die Strophen 1 - 5
Strophe 1: O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für!

Strophe 2: O Gott, ein’ Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ! Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.
Strophe 3: O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd, dass Berg und Tal grün alles wird. O Erd, herfür dies Blümlein bring, o Heiland, aus der Erden spring!
Strophe 4: Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal!
Strophe 5: O klare Sonn, du schöner Stern, dich wollten wir anschauen gern; o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein!

Lesung: Hohelied, Kapitel 2, die Vers 8 – 13 nach der Basis Bibel: Da ist die Stimme meines Freundes! Siehe, er kommt und hüpft über die Berge und springt über die Hügel. Mein Freund gleicht einer Gazelle oder einem jungen Hirsch. Siehe, er steht hinter unsrer Wand und sieht durchs Fenster und blickt durchs Gitter. Mein Freund antwortet und spricht zu mir: Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm her! Denn siehe, der Winter ist vergangen, der Regen ist vorbei und dahin. Die Blumen sind hervorgekommen im Lande, der Lenz ist herbeigekommen, und die Turteltaube lässt sich hören in unserm Lande. Der Feigenbaum lässt Früchte reifen, und die Weinstöcke blühen und duften. Steh auf, meine Freundin, und komm, meine Schöne, komm her! Amen.

Gedanken zur Lesung: Haben Sie gewusst, dass es in der Bibel ein Buch gibt, das eine einzigartige Sammlung von zärtlichen Liebesliedern ist? Ein Mann und eine Frau feiern ihre Liebe zueinander. Sie kleiden die Schönheit der geliebten Person in wunderbare Worte und beschreiben, wie groß ihr Verlangen zueinander ist. Das Buch ist das Hohelied der Liebe im Alten Testament. Das Wort Gott kommt kein einziges Mal vor. Es gibt keine Gebote oder Anweisungen. Einen Hinweis auf Advent oder Weihnachten gibt es auch nicht. Vermutlich ist das Buch in die Bibel aufgenommen worden, weil man es dem großen König Salomo als Verfasser zugesprochen hat, der darin einige Male erwähnt wird. Unser Text ist in den Plan für Predigttexte zum Advent neu aufgenommen worden. Auf den ersten Blick hat dieser Text zunächst nichts mit unserem vertrauten Advent mit Adventskranz, Keksen, Glühmost und dem Hoffen auf eine winterliche Weihnacht zu tun. Stattdessen wird in poetischer Sprache beschrieben, wie eine Frau sehnsüchtig auf ihren Geliebten wartet. Über Hügel und Berge ist er schon zu ihr unterwegs. Als er endlich an ihrem Haus ankommt und durch ihr Fenster hineinschaut, kann auch er es kaum erwarten, dass sie aufsteht und mitkommt. Der Winter ist vorbei. Draußen blüht alles. Die Vögel singen. Man braucht keine große Fantasie zu haben, um sich vorzustellen, dass die Frau, ohne lange zu überlegen, alles stehen und liegen lässt und mit ihrem Geliebten ins Grüne hinausgeht und dass dann beide einen schönen Platz finden, um ungestört zusammen zu sein. Ein Bezug zum Advent wäre, wenn wir das Warten auf das Kommen Gottes in diese Welt mit dem Herbeisehnen eines geliebten Menschen vergleichen. Wie war das noch mal, als wir so richtig über beide Ohren verliebt waren oder vielleicht immer noch sind? Als wir ständig auf das Handy gestarrt haben, bis endlich das nächste Bild oder die lieben Worte ankamen. Oder als wir am Bahnhof ungeduldig gewartet haben, bis der Zug endlich da war? Oder als wir es kaum abwarten konnten, bis der ersehnte Brief oder das Mail endlich ankamen. Alles andere war nebensächlich und lief schon irgendwie mit. Auch wenn man diesen Abschnitt aus dem Hohelied nicht eins zu eins auf das Verhältnis von Gott und Mensch übertragen kann, so gefällt mir die Botschaft, die ich herauslese. Gott ist schon auf dem Weg zu dir und hat ein großes Interesse an dir und an deiner Lebensgeschichte. Du bist ihm das Wichtigste auf der Welt. Gott möchte mit dir zusammen durch dein Leben gehen. Sich mit dir freuen, wenn du frohe Tage erlebst; mit dir mitleiden, wenn es anders kommt als gedacht; will einen festen Platz in deinem Herzen haben. Gott steht vor deinem Haus und schaut durchs Fenster hinein. Das heißt: Er blickt in dein Herz und sieht, dass noch so viel Leben in dir ist. Der Winter ist vorüber mit seinem Regen. Das heißt: Vorbei ist die Zeit, in der im Leben nichts gewachsen ist und du das Gefühl hattest, dich umsonst abzumühen. Es grünt und blüht, soweit das Auge reicht. „Es ist ein Ros entsprungen“, so singen wir wieder zu Weihnachten. Eine Rose leuchtet mitten im Winter auf und gibt dir zu verstehen: Auch in deinem Leben wird wieder etwas aufblühen. Deshalb: Mach schnell und komm heraus aus deinem Schneckenhaus; aus deiner selbstgemachten Isolation; aus deiner Einbildung, dass dich niemand mag oder dass du von anderen Menschen nichts erwarten oder annehmen kannst. Die beiden Verliebten haben sich gesucht und gefunden. Deswegen machen sich beide auf, um bei dem anderen zu sein. Genau darum geht es auch im Advent. Sich bewegen lassen und noch etwas vom Leben und von Gott erwarten. Es gibt ein berührendes Buch mit Gedichten der jungen deutschen Schauspielerin und Dichterin Julia Engelmann (Die Welt mit deinen Augen, 2022). In diesem steht ein Gedicht für alle, die einmal in ihrem Leben beweglich waren, aber es jetzt nicht mehr sind oder kurz davorstehen, keine Erwartungen mehr an das Leben zu haben. In ihrem Gedicht „Aufgehört zu träumen“ schreibt sie: „Wann haben wir aufgehört zu träumen? Wann haben wir angefangen zu sagen: ‚Die Dinge sind, wie sie sind, und so nehmen sie ihren Lauf?‘ Wann haben wir angefangen zu denken: ‚Dafür bin ich schon zu alt‘ und ‚Dafür habe ich keine Zeit.‘“ Ja, wann haben wir aufgehört zu träumen? Im grauen Alltag mit den gegenwärtigen Krisen kann das leicht passieren. Deshalb weist uns der Advent darauf hin: Gott kommt zu uns in die Welt wie ein leidenschaftlich Liebender, der unbedingt bei uns sein möchte. Für alle, die meinen, dass die ganz großen Veränderungen im Leben vorbei sind und deshalb auch von Gott nichts mehr erwarten, denen sei gesagt, dass alleine die Hoffnung, dass Gott kommt und sich einen Weg in unser Herz bahnen möchte, schon jede Menge verändern und manchmal Berge versetzen kann. Wenn wir unsere Liebste bzw. unseren Liebsten erwarten oder erwartet haben, dann haben wir doch auch die Wohnung aufgeräumt, schön dekoriert und Essen und Trinken gerichtet. Advent lässt bei uns die Sehnsucht auf das Kommen Gottes zu uns aufblühen, weil dann alles gut werden wird. Advent sagt uns auch: Gott ist schon auf dem Weg zu uns. Und er hofft, dass wir ihn leidenschaftlich erwarten und ihn einlassen - in unser Herz, in unser Denken, in unser Leben. Vielleicht fragen Sie sich jetzt? Wo und wann ist Gott schon zu mir gekommen? Der Advent gibt uns Zeit, darüber nachzudenken. Vielleicht erinnern wir uns dann, dass immer wieder Dinge passieren, die wir niemals für möglich gehalten hätten: Musik, die mich berührt hat; Lieder, die etwas in mir zum Klingen  gebracht haben; der warme Schein einer Kerze; ein hoffnungsvolles Wort; eine WhatsApp-Nachricht, die ermutigt hat; ein Besuch, der meine Gedanken in eine ganz neue Richtung gelenkt hat; das Lachen nach einer Krankheit oder Trauerphase. Wer etwas erwartet, sieht, erkennt und versteht mehr. Wie liebende Menschen, die über sich hinauswachsen, weil sie füreinander da sein wollen – so ist es auch bei Gott. Er weiß, was gerade in meinem Leben dran ist. Er ist wie ein leidenschaftlich Liebender, der auch in das Herz des Gegenübers schauen kann. Der berühmte Liederdichter Paul Gerhardt hat das vor fast 400 Jahren in seinem Adventslied „Wie soll ich dich empfangen“ so geschrieben (EG 11,7): „[Gott] kommt mit Willen, ist voller Lieb und Lust, all Angst und Not zu stillen, die ihm an euch bewusst.“ Die Leidenschaft Gottes für uns möge uns Freude schenken und alle Erwartungen aufrechthalten, die jetzt in unserem Leben nötig und wichtig sind. Amen.

Lied: „Wie soll ich dich empfangen“, Evangelisches Gesangbuch 11, die Strophen 1, 3 + 7:
Strophe 1: Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir, o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier? O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei, damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei.

Strophe 3: Was hast du unterlassen zu meinem Trost und Freud, als Leib und Seele saßen in ihrem größten Leid? Als mir das Reich genommen, da Fried und Freude lacht, da bist du, mein Heil, kommen und hast mich froh gemacht.
Strophe 7: Ihr dürft euch nicht bemühen noch sorgen Tag und Nacht, wie ihr ihn wollet ziehen mit eures Armes Macht. Er kommt, er kommt mit Willen, ist voller Lieb und Lust, all Angst und Not zu stillen, die ihm an euch bewusst.

Fürbitten: Guter Gott! Im Vertrauen auf Dich bitten wir: Lass uns im Advent Zeit für Stille und Besinnung, Ruhe und Gebet finden! Im Vertrauen auf Dich bitten wir für alle, die von Ängsten und Sorgen erdrückt werden; für alle, die um ihre Existenz fürchten; für alle, die ihren Glauben verloren haben; für alle, denen nicht nach Advent ist; für alle, die um einen lieben Menschen trauern. Im Vertrauen auf Dich bitten wir für eine gute Zukunft der Kinder und Jugendlichen; für alle, die wegen ihrer Religion und Hautfarbe benachteiligt oder verfolgt werden. Im Vertrauen auf Dich bitten wir für Frieden in der Welt und in unseren Familien; für unsere Verantwortung zur Natur; für alle, die wegen Krieg und Naturzerstörungen ihre Heimat verlassen müssen. Im Vertrauen auf Dich bitten wir für alle, die in christlichen und politischen Gemeinden, Rettungen und Schulen, Tourismus und Landwirtschaft und woanders Verantwortung haben. Amen.

Vater Unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Lied: „Wir sagen euch an den lieben Advent“, Evangelisches Gesangbuch 17
Strophe 3:
Wir sagen euch an den lieben Advent. Sehet, die dritte Kerze brennt! Nun tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt hinein. Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr! Schon ist nahe der Herr.  

Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten dritten Adventsonntag an der Hand des Gottes, der Euch und Ihnen Begeisterung und Leidenschaft gibt, Licht- und Hoffnungsträger für die Welt zu sein. Es segne Sie und Euch der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

Alles Gute, Ihr und Euer Obmann Uwe