Andacht 2022-09-04 Wandern

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Obmann Uwe Träger

Vorbemerkung: In meiner Pfarrgemeinde finden im Juli und August jeden Mittwoch um 11.00 Uhr evangelische Berggottesdienste an den Bergstationen Kaiserburg und Brunnach in Bad Kleinkirchheim statt. Grundlage dieser Hausandacht ist der letzte Berggottesdienst am 31. August 2022, den ich zusammen mit einem Akkordeonspieler durchführen wollte, der aber wegen Regenwetter nicht stattfinden konnte.    

Begrüßung: Ich begrüße Sie und Euch sehr herzlich zu dieser Hausandacht für Sonntag, den 4. September 2022. Wir lesen diese mit dem Vertrauen, dass Gott auf unseren Lebenswegen bei uns ist und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Lied: „Morgenlicht leuchtet“, Evangelisches Gesangbuch 455, die Strophen 1 - 3
Strophe 1:
Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang. Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt. Dank für die Lieder, Dank für den Morgen, Dank für das Wort, dem beides entspringt.

Strophe 2: Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet. So lag auf erstem Gras erster Tau. Dank für die Spuren Gottes im Garten, grünende Frische, vollkommnes Blau.
Strophe 3: Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen, Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht! Dank überschwänglich, Dank Gott am Morgen! Wieder erschaffen grüßt uns sein Licht.

Worte aus dem Schöpfungspsalm 104: Herr, mein Gott, wie groß bist du! Helles Licht umhüllt dich wie ein Mantel. Die Berge erhoben sich, und die Täler senkten sich an den Ort, den du für sie bestimmt hattest. Du lässt Quellen sprudeln und als Bäche in die Täler fließen, zwischen den Bergen finden sie ihren Weg. Vom Himmel lässt du Regen auf die Berge niedergehen, die Erde saugt ihn auf und wird fruchtbar. Du lässt Gras für das Vieh wachsen und Pflanzen, die der Mensch anbaut. Er pflügt das Land, sät und erntet; so hat er Wein, der ihn erfreut, Öl, das seinen Körper pflegt, und Brot, das ihn stärkt. Der Mensch steht auf und geht an seine Arbeit, er hat zu tun, bis es wieder Abend wird. Alle deine Geschöpfe warten auf dich, dass du ihnen rechtzeitig zu essen gibst. Sie holen sich die Nahrung, die du ihnen zuteilst. Singen will ich für den Herrn, solange ich lebe, für meinen Gott will ich musizieren mein Leben lang. Amen.

Lesung: Evangelium nach Lukas, Kapitel 24, die Verse 13 – 31 nach der Basis Bibel: Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, sodass sie ihn nicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen, und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie: Was denn? Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. Doch unsere Hohenpriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. Aber nicht nur das: Auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht. So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr. Amen.

Glaubensbekenntnis, das ich selbst verfasst habe: Ich glaube, dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Gott vertraut uns Menschen seine Erde an, damit wir sie mit Achtsamkeit für weitere Generationen bewahren. Ich glaube, dass Jesus Christus die Hoffnung für unsere Welt ist. Gestorben am Kreuz befreit er uns zur grenzenlosen Liebe. Durch seine Auferstehung erweckt er uns zu neuem Leben und befähigt uns zum Frieden. Ich glaube an den Heiligen Geist, der alles Leben erschafft und erhält. Sein Atem heiligt unsere Worte und Taten und führt uns zur Gemeinschaft mit der Natur. Seine Kraft bewirkt durch uns Toleranz und Versöhnung. Amen.  

Gedanken zur Lesung: Viele Menschen machen sich auf, um zu wandern und zu pilgern. Auf dem Gebiet meiner Pfarrgemeinde gibt es fünf schöne Wandergebiete: Falkert, Turracher Höhe, Hochrindl, Bad Kleinkirchheim und St. Oswald. Durch diese verlaufen auch zwei Pilgerwege. Es gibt einerseits den katholischen Pilgerweg „Hemma“. Gemeint ist Hemma von Gurk, geboren um 1000, gestorben 1045 in Gurk in Kärnten. Sie war eine Kärntner Adelige, Kirchen- und Klostergründerin. In der römisch katholischen Kirche wird sie als Heilige verehrt und ist Schutzpatronin Kärntens. Andererseits gibt es den evangelischen Pilgerweg „Auf dem Weg des Buches“. Von 1600 – 1781 gab es in Österreich den sogenannten Geheim-protestantismus. Der evangelische Glaube war in Österreich verboten, sodass sich die Evangelischen im Geheimen trafen, z. B. in Wäldern oder in den Bergen. Sie feierten  dort ihre Gottesdienste. Lutherbibeln wurden unter Lebensgefahr über die Berge nach Österreich geschmuggelt. An diese Bibelschmuggler erinnert der Weg des Buches! Durch Wandern und Pilgern suchen sehr viele Menschen spirituelle Erfahrungen. Der Begriff Spiritualität ist ein christlicher Begriff und meint das Leben mit Gott anhand von Bibellesen, Gesang, Gebet, Stille und Meditation. Heute hat Spiritualität auch die Bedeutung „Sehnsucht haben“ - Sehnsucht haben nach Heil, Glück, Frieden und Wertschätzung. Durch einige Wanderungen in den Nockbergen habe ich drei Aspekte von spirituellen Erfahrungen gemacht. Der erste Aspekt ist: In der Natur sein. Wer wandert oder pilgert, ist in der Regel in der freien Natur und hat ein direktes Verhältnis zu der Schöpfung Gottes: Sonne und Wind, Regen und Hitze, Kälte und Gewitter, Almen und Berge, Flüsse und Seen, Pflanzen und Tiere. Deshalb kommt das Lob des Schöpfers denen leichter über die Lippen, die auf ihren eigenen Füßen die Schöpfung durchstreifen. Wandern und Pilgern sind gesund und auch ökologischer als andere Arten, den Urlaub zu verbringen. Durch das Eintauchen in die Natur spüren die Wanderer und Pilger bewusster ihre fünf Sinne, spüren bewusster Körper, Geist und Seele als beim Sitzen und Fahren. Wandern und Pilgern in der Natur ist Unterwegssein mit wachen Sinnen und offener Seele, ist das Berührtwerden von Körper, Geist und Seele durch den Leib. Der zweite Aspekt einer spirituellen Erfahrung durch Wandern und Pilgern ist: Das Leben ist eine Reise. Es gibt einige Parallelen zwischen dem Wandern und Pilgern und dem Leben an sich: Abschiednehmen und Aufbrechen, Aufbrüche und Unterwegs sein, Wegweiser und Begegnungen, Rückkehr und Ankommen. Wandern und Pilgern zeigen, dass wir auf Erden keine bleibende Stadt haben und können die Aufmerksamkeit darauf richten, dass wir in eine unbetretene und unbekannte Heimat eingehen und wie Ewigkeit den eigenen Lebensweg berührt.  Folglich heißt es in einem Kirchenlied: „Ein Tag, der sagt dem andern, mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit“ (Evangelisches Gesangbuch 481, Strophe 5). Der dritte Aspekt einer spirituellen Erfahrung durch Wandern und Pilgern ist: Durch die Begegnung mit sich selbst Verwandlung spüren. In der Bibel wird oft erzählt, wie sich Menschen auf den Weg machen. Abraham bekommt den Auftrag Gottes, in das gelobte Land Israel zu gehen und soll zum Segen für alle Völker werden. Der Prophet Elia geht in die Wüste, um von Gott neue Orientierung zu bekommen. Der Apostel Paulus wandert und reist unermüdlich von einem Land zum anderen, um das Evangelium zu verkünden. Jesus wandert durch Israel und verkündet die frohe Botschaft von der Liebe Gottes, die viele Menschen zu neuen Menschen gemacht hat. Dass Menschen durch Gehen verwandelt werden, zeigt auch die sogenannte Emmausgeschichte aus dem Evangelium nach Lukas. Zwei gehen und reden miteinander. Aber sie kommen nicht weiter und suchen nach der richtigen Erkenntnis. Erst mit dem Fremden, der sich ihnen anschließt, bekommt ihr Denken und Fragen eine neue Qualität. Am Ende des Tages und am Ende des gemeinsamen Weges kommt es zur Rast und zur gemeinsamen Mahlzeit. Bei Brot und Wein erkennen sie den Fremden als Jesus und verstehen die Botschaft von Kreuz und Auferstehung. Im Gehen werden die beiden also verwandelt! Durch Wandern und Pilgern wollen Menschen Abstand vom Alltag gewinnen, wollen neue Erfahrungen mit sich selbst, mit anderen und mit Gott machen und wollen Zeit haben, um existentielle Fragen zu klären. Beim Wandern und Pilgern lässt es sich ganz besonders gut reden und nachdenken. Durch Bewegung und frische Luft kommt mehr Freiheit ins Reden und Denken. Persönliche Verwandlung und neue Erfahrungen und Begegnungen mit sich selbst geschehen oft auf dem Weg. Somit dient der Wander- und Pilgerweg dem Menschen, sich im Leben nicht zu verlaufen, sondern sein wahres Ziel und seine wahre Bestimmung für sein Leben zu finden. Durch Wandern und Pilgern können Menschen also drei spirituelle Erfahrungen machen: Mit der Natur verbunden sein, das Leben als Reise erkennen und die wahre Bestimmung für ihr Leben entdecken. Amen.

Lied: „Großer Gott, wir loben dich“, Evangelisches Gesangbuch 331, die Strophen 1, 3 + 8
Strophe 1:
Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor aller Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.

Strophe 3: Heilig, Herr Gott Zebaoth! Heilig, Herr der Himmelsheere! Starker Helfer in der Not! Himmel, Erde, Luft und Meere sind erfüllt von deinem Ruhm, alles ist dein Eigentum.
Strophe 8: Herr, erbarm, erbarme dich. Lass uns deine Güte schauen; deine Treue zeige sich, wie wir fest auf dich vertrauen. Auf dich hoffen wir allein: Lass uns nicht verloren sein.

Gebet: Herr, gib mir heute einen neuen Himmel und eine neue Erde! Gib mir das Staunen eines Kindes, dessen Blick sich die Welt zum ersten Mal öffnet! Gib mir die Freude des Kindes, das in jedem Ding deinen Glanz entdeckt, einen Abglanz deiner Herrlichkeit in allem, was ihm entgegentritt! Gib mir die Freude dessen, der seine ersten Schritte macht! Gib mir das Glück dessen, für den das Leben täglich neu, unschuldig und voller Erwartung ist! Gib mir, dass ich alle Dinge in Christus sehe, Bäume und Felder, Berge und Seen, Wohnstätten und Arbeitsplätze, Tiere und Menschen! O, mein Gott, mach aus mir einen dankbaren Menschen! Amen.

Vater Unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen

Segen: Ich wünsche Euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag an der Hand des Gottes, der auf unseren Lebenswegen bei uns ist. Es segne und behüte Euch und Sie der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist! Amen.

Bleibt von Gott behütet!                                    
Herzliche Grüße, Euer Obmann Uwe