Andacht 2021-04-11 Glaube und Zweifel

Geschrieben von Super User on . Posted in Andachten alt

Obmann Uwe Träger

Begrüßung: Ich grüße euch sehr herzlich zu dieser Hausandacht für Sonntag, den 11. April 2021. Wir lesen diese mit der Gewissheit, dass Christus wahrhaftig auferstanden ist und daher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Worte aus Psalm 116 nach der Lutherbibel von 2017: „Das ist mir lieb, dass der Herr meine Stimme und mein Flehen hört. Denn er neigte sein Ohr zu mir; darum will ich mein Leben lang ihn anrufen. Stricke des Todes hatten mich umfangen, des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen; ich kam in Jammer und Not. Aber ich rief an den Namen des Herrn: Ach, Herr, errette mich! Der Herr ist gnädig und gerecht, und unser Gott ist barmherzig. Wenn ich schwach bin, so hilft er mir. Sei nun wieder zufrieden, meine Seele; denn der Herr tut dir Gutes. Ich werde wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen. Ich glaube, auch wenn ich sage: Ich werde sehr geplagt. Ich will den Kelch des Heils erheben und des Herrn Namen anrufen.“

Lesung: Johannes - Evangelium, Kapitel  20, Verse 24 - 29 nach der Übersetzung der Basis Bibel von 2021: „Thomas gehörte zum Kreis der Zwölf. Er war nicht bei ihnen gewesen, als Jesus gekommen war. Die anderen Jünger berichteten ihm: ‚Wir haben den Herrn gesehen!‘ Er entgegnete ihnen: ‚Erst will ich selbst die Wunden von den Nägeln an seinen Händen sehen. Mit meinem Finger will ich sie fühlen. Und ich will meine Hand in die Wunde an seiner Seite legen. Sonst kann ich das nicht glauben!“ Acht Tage später waren die Jünger wieder beieinander. Diesmal war Thomas bei ihnen. Wieder waren die Türen verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: ‚Friede sei mit euch!‘ Dann sagte er zu Thomas: ‚Leg deinen Finger hierher und sieh meine Hände an. Streck deine Hand aus und leg sie in die Wunde an meiner Seite. Sei nicht länger ungläubig, sondern komm zum Glauben!‘ Thomas antwortete: ‚Mein Herr und mein Gott!‘ Da sagte Jesus zu ihm: ‚Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Glückselig sind die, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!‘“

Gedanken zur Lesung: Ein Rationalist ist ein kluger Mensch, der seinem Verstand und seiner Vernunft sehr viel zutraut und mit diesen vieles erklären und begreifen will. Ein Rationalist ist auch ein zweifelnder und kritischer Mensch, der seiner Weisheit mehr zutraut als dem lebendigen Gott.

Thomas, von dem wir gerade gehört haben, ist ein solcher Rationalist. Als die anderen Jünger ihm berichten, dass sie den auferstandenen Jesus gesehen und mit ihm geredet haben, sagt ihm sein kritischer Verstand: „Das kann nicht sein. Das gibt es doch gar nicht. Ihr könnt mir viel erzählen. Ich jedenfalls werde nur dann glauben, wenn ich ihn auch anfassen kann.“

Solche ungläubigen und kritischen Rationalisten wie Thomas gibt es auch heute. Vielleicht gehören wir ja auch manchmal zu diesen und zweifeln an der Auferstehung, weil diese zum Beispiel von den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften widerlegt ist. Bis heute gibt es den Streit um das leere Grab Jesu. Dieser beginnt bereits in den Evangelien des Neuen Testamentes. Im Markus-Evangelium erkundigt sich Pontius Pilatus bei seinem Hauptmann, ob denn der gekreuzigte Jesus tatsächlich schon tot sei.  Als er erfährt, dass Jesus in der Tat tot ist, gibt er Jesus für das Begräbnis frei. Für Markus ist diese Bestätigung des Todes Jesu durch Pontius Pilatus wichtig, weil er eine Annahme widerlegen will, die bis in unsere Zeit als Erklärung des leeren Grabes vertreten wird: Jesus war gar nicht tot, sondern nur scheintot. Im Matthäus-Evangelium soll eine Wache das Grab Jesu bewachen, weil die Gegner Jesu annahmen, die Jünger würden versuchen, die Soldaten zu überrumpeln oder zu bestechen, um dann den Leichnam Jesu aus dem Grab zu stehlen. Durch eine Aussage von Maria Magdalena, die im Johannes-Evangelium überliefert ist, entsteht die These von der Umbestattung des toten Jesus. Als Maria Magdalena vor dem leeren Grab steht, sagt sie: „Sie haben den Herrn aus dem Grab fortgebracht. Und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“

Diese drei uralten Thesen zeigen auf, dass das leere Grab Jesu nicht als Beweis für die Auferstehung anzusehen ist. Fakt ist aber, dass der Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus der Urknall für das Christentum war. Dieser Glaube breitete sich im römischen Reich schnell aus und stieg zur Weltreligion auf. Im Jahre 380 nach Christus wurde das Christentum zur Staatsreligion im römischen Reich. Der große Zulauf von Menschen zum christlichen Glauben hatte damals zwei Gründe. Erstens: Christinnen und Christen lebten mit ihren Worten und Taten die Lehre Jesu von der Liebe Gottes, die sich in Wertschätzung und Solidarität, Nächstenliebe und Barmherzigkeit ausdrückten. Zweitens: Christinnen und Christen ließen sich nicht von Kritikern verunsichern und bezeugten entschieden die Überwindung des Todes durch ein Eingreifen Gottes, der den gekreuzigten Jesus von den Toten auferweckt hat. Christen und Christinnen wurden also mit diesem Glauben zu Protestleuten gegen böse Mächte und den Tod.

Heute ist das Christentum mit 2,3 Milliarden Anhängern die größte Weltreligion. Mit 700 Seelen gehört unsere Pfarrgemeinde auch zu dieser großen christlichen Familie mit Konservativen und Liberalen, mit Zweiflern und Rationalisten wie Thomas. Thomas gibt seinen Unglauben ganz offen und ehrlich zu. Jesus wird nicht zornig darüber, sondern respektiert das zunächst. Thomas trennt sich nicht von den anderen Jüngern, und diese geben ihn auch nicht auf. Manchmal muss man die Zweifel bei sich und anderen einfach eine Weile aushalten und am Glauben dranbleiben. Dann findet Jesus auch einen Weg, uns weiterzuhelfen. Der auferstandene Jesus kommt wieder zu den Jüngern. Diesmal ist Thomas dabei. Er erkennt, dass er trotz seiner Zweifel von Jesus gesehen und wahrgenommen wird. Bevor Thomas überhaupt etwas sagen und sich rechtfertigen kann, kommt ihm Jesus zuvor und lädt ihn ein: „Komm und überzeug dich! Ich bin es! Ich helfe dir zum Glauben.“ Thomas merkt, dass Jesus doch größer und stärker ist als sein Verstand. Jesus sagt ja: „Zweifle nicht länger, sondern fang an zu glauben!“

Glaube ist ein Geschenk Gottes, für das wir uns entscheiden müssen. Wird uns der Glaube geschenkt, dann müssen wir auch mit ihm Ernst machen. Das Wann und Wie des Glaubens ist bei jedem anders! Bei Thomas war es eine Woche später als bei den anderen Jüngern. Der eine kommt eher zum Glauben und der andere später. Manche verlieren den Glauben durch Enttäuschungen und Lebenskrisen. Manche kommen nie zum Glauben. Der eine kommt zum Glauben durch andere Menschen, durch die Bibel Gottesdienste und Gemeindearbeit, der andere durch gute oder schlechte Lebenserfahrungen. Irgendwann macht es „Klick“, und der Glaube ist da. Es reicht dann aber nicht, wenn man sagt: „Ja, Jesus oder Gott gibt es wirklich!“ Glaube muss reifen und persönlich werden. Persönlicher Glaube ist das Bekenntnis des Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ Das heißt, Jesus hat etwas mit mir zu tun, und ich habe etwas mit ihm zu tun. Er ist nicht bloß ein Mensch, sondern in ihm begegnet mir Gott, der für mein Leben sorgt und der durch mich in der Welt und in der Gemeinde wirken will. Der Glaube an und das Bekenntnis zu Jesus als meinen Herrn und Gott braucht immer die Begleitung und Stärkung durch das Gebet, dass Glaube bleiben, reifen wachsen oder wiederkommen möge. Glaube bewahrt nicht automatisch vor Anfechtungen. Daher ist es nötig, dass wir uns täglich mit den Worten stärken:

„Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht. Christus, meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.“ Amen.

Gebet: Guter Gott! Durch die Auferstehung deines Sohnes von den Toten begegnest du uns als ein Gott des Lebens, des Lichtes und der Liebe. Du siehst, wo wir glauben und wo wir zweifeln. Hilf uns, zu unterscheiden, was dem Glauben hilft und was ihn behindert! Stärke uns als Gemeinde, dass wir für andere einladend sind und dass andere Menschen durch uns zum Glauben kommen! Im Vertrauen auf dich bitten wir für alle, die an ihrem Leben verzweifeln, deren Herz bitter geworden ist, die nicht mehr glauben können, die keine Freude mehr spüren und keinen Sinn mehr sehen, die Angst vor der Zukunft und um ihre Existenz haben, die unter Krieg und Verfolgung leiden, die krank sind und um einen lieben Menschen trauern! Tröste sie, schenke ihnen Kraft und Hoffnung durch den Glauben und die Fürbitte von anderen Menschen.  Lenke die Worte und Taten derer, die in Kirche und Politik, in der Wirtschaft und in den Schulen, Krankenhäusern und Seniorenheimen und woanders Entscheidungen treffen und Verantwortung haben!

Vater Unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen: Ich wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Sonntag an der Hand dessen, der unsere Hoffnung und Freude, unsere Stärke und Zuversicht ist! Es segne und behüte euch der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist! Amen.

Bleibt von Gott behütet!

Herzliche Grüße, Euer Obmann Uwe